Sie sind Freunde und haben ein Hobby: Handball. Jedes Jahr besucht eine Gruppe aus Göppingen die großen Turniere. Sie schätzen die friedliche Atmosphäre, nur einmal brannte es.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Wien - Dworschi und Schorle sind die ganz Harten. Am Donnerstag fliegen die beiden Handball-Fans zurück von der Europameisterschaft aus Wien nach Stuttgart. Am Freitag jetten sie gleich wieder hoch zur Finalrunde nach Stockholm. Die beiden sind Teil einer diesmal zehnköpfigen Reisegruppe, die es jedes Jahr im Januar zu einer EM oder WM zieht. Woher sie kommen, steht auf einem riesigen schwarz-rot-goldenen Banner, das oft auch im Fernsehen zu entdecken ist: Göppingen.

 

Dass es für Deutschland nicht fürs Halbfinale gereicht hat? „Enttäuschend“, findet das Jens, „aber bei unserer Truppe ist die Stimmung trotzdem gut.“ Katerstimmung herrscht bei einigen höchstens, weil es am spielfreien Tag von 16 bis 23 Uhr in einem Wiener Heurigen feucht, fröhlich zuging.

Handball statt Skiurlaub

Der Spaß ist wichtig, wenn der Handball nicht rollt. Ansonsten steht ihr Lieblingssport im Fokus. Statt eines Skiurlaubs gönnen sich die Handball-Fans diesen Turnier-Spaß jeden Januar seit der EM 2010 in Österreich – mit Ausnahme von 2014, als sich Deutschland nicht für die EM in Dänemark qualifizierte. Schweden, Serbien, Spanien, Katar, Polen, Frankreich, im vergangenen Jahr Deutschland und Dänemark hießen die Stationen. Wobei Jens die WM 2015 in Katar boykottierte, da Deutschland die Teilnahme via Wildcard geschenkt bekam. Alle ihre Reisen sind dokumentiert auf ihren gemeinsamen Trikots. „Team Göppingen für Team Deutschland“ seht das auf der Rückseite. Und die Jahreszahlen mit den Stichworten für die Höhepunkte der Trips. Vorne haben die reisefreudigen Handball-Touristen als Werbepartner ihre Arbeitgeber verewigt.

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„Handball ist einfach ein super Sport, und wir genießen es, einen Urlaub in der Gruppe und das Unterstützen unserer Nationalmannschaft zu verbinden“, sagt Jens, der Trainer der Bezirksligamannschaft Turnerschaft Göppingen ist. Da bietet es sich an den Handball-Fachmann zu fragen, was er von seinem Bundestrainer-Kollegen hält. Die Antwort: „Nicht viel.“ Christian Prokop fehle vor allem Erfahrung, Ausstrahlung, Emotionalität. Die Erfolge in der Hauptrunde ändern an seiner Meinung nichts: „Er redet so monoton. Der muss doch auch mal den Rauch rein lassen.“

Bengalos in Belgrad

Stichwort Rauch: Damit verbinden die Sportsfreunde aus dem Filstal ihr schlimmstes Erlebnis – das EM-Halbfinale zwischen Serbien und Kroatien 2012 in Belgrad. „Vor lauter Bengalos hat der Block gebrannt. Es flogen Gegenstände. Da war Krieg auf der Tribüne“, erinnert sich Jens. Doch das war eine Ausnahme. Dass es beim Handball praktisch keine Fan-Ausschreitungen gibt, ist genau das, was sie so schätzen.

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Gemeinsam mit seinem Kumpel Christoph nahm er auch schon an einem Fan-Seminar des Deutschen Handballbundes (DHB) teil. „Wir haben unsere Erfahrungen eingebracht, wie man solche Reisen bestmöglich organisieren kann“ erklärt er. Eine der Neuerungen bei dieser EM war das Deutsche Haus in Wien, ein Fan-Treff im Augustinerkeller. „Eine tolle Sache“ sei das, meint Jens, nur leider war das Restaurant dem Ansturm nicht gewachsen. Aufs bestellte Wiener Schnitzel oder das Fiakergulasch musste man zum Teil über eine Stunde warten.

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Am Donnerstag geht’s für die Gruppe zurück in die Heimat. Der Handball rollt weiter. Für Dworschi und Schorle in Stockholm. Für Jens, zwei seiner Spieler und drei Vereinsverantwortlichen der Turnerschaft in Göppingen. Am Freitagabend steht das Bezirksliga-Derby gegen den TV Jahn auf dem Programm – parallel zum zweiten EM-Halbfinale. Vielleicht doch ganz gut, dass Deutschland da nicht dabei ist ...