Deutschland ist bei der Handball-EM nach einer desolaten Vorstellung ausgeschieden. Was bedeutet das? Laut DHB-Vizepräsident Bob Hanning wird nach dem EM-Aus „alles hinterfragt, was es zu hinterfragen gibt“.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat das Halbfinale verpasst. Es stellen sich einige Fragen.

 
Geht es mit Christian Prokop weiter?
Der Bundestrainer ist nach dieser enttäuschenden EM angeschlagen, hat aber einen Vertrag bis 2022. Bob Hanning, der mächtigste Mann im deutschen Handball, ließ vor dem Aus keine Zweifel daran, dass der auch erfüllt wird. „Ich bin zu 100 Prozent von Christian überzeugt. Es wird keine Diskussionen geben“, sagte der DHB-Vizepräsident. Er war die treibende Kraft, den unerfahrenen Prokop für eine Ablöse von 500 000 Euro aus dem Vertrag beim SC DHfK Leipzig zu kaufen. Nach dem Debakel gegen Spanien kündigte Hanning eine umfangreiche Analyse an: „Alles wird hinterfragt, was es zu hinterfragen gibt“.
Wo lagen die Hauptprobleme?
Die Unbekümmertheit, mit der das deutsche Team beim EM-Triumph 2016 zu Werke ging, wich bei diesem Turnier großer Anspannung. Mit der Bürde des Favoriten kam das Team nicht klar. Von ideenreichem, variablem, mitreißendem Handball war wenig zu sehen. Die Bad Boys blieben weit unter ihren Möglichkeiten. Vor allem im Angriff enttäuschten sie weitgehend durch ihre spielerische Einfallslosigkeit.
Welche Fehler machte der Trainer?
Christian Prokop gelang es nicht, durch taktische Variabilität Schwung ins Angriffsspiel zu bringen. Die Auslösehandlungen waren wenig variantenreich. Es fehlten die zündenden Ideen, um die Rückraumshooter in Position zu bringe, auch die Außen und Kreisläufer wurden zu wenig ins Spiel einbezogen. Durch die anfängliche Nichtnominierung des emotionalen Anführers Finn Lemke hat der 39-Jährige unnötig eine Baustelle aufgemacht und Unruhe ins Team gebracht. Dass er auf seine ehemaligen Leipziger Spieler setzte, heizte die Diskussionen zusätzlich an.
Welche Spielmacher-Alternativen gibt’s?
Auf dieser Position hat die Mannschaft die größten Probleme. Die derzeit verletzten Niclas Pieczkowski (28) und Simon Ernst (23) sind die ersten Optionen, auf Göppingens Tim Kneule (31) setzt Prokop offenbar nicht, sonst hätte er ihn nach den diversen Ausfällen schon zur EM mitgenommen. Die Zukunft gehört dem in Kirchheim/Teck geborenen Tim Suton (21) aus Lemgo.
Wann sind die nächsten Spiele?
Der erste Auftritt nach der EM findet am 2. Februar (19.30 Uhr) in Leipzig statt. Im All Star Game trifft die Nationalmannschaft auf die Weltauswahl der besten Bundesligaspieler. Die nächsten Testspiele stehen gegen Serbien an: Am 4. April (19 Uhr) in Leipzig und am 7. April (14.30 Uhr) in Dortmund. Pflichtspiele gibt es vor der WM in Deutschland und Dänemark 2019 auch noch: Am 25. und 27. Oktober stehen Qualifikationsspiele zur EM 2020 an.