Der Fehler bei der Nominierung des EM-Kaders macht den Handball-Bundestrainer Christian Prokop angreifbar – meint unser Sportredakteur Jochen Klingovsky.

Stuttgart - Es ist nicht schlimm, einen Fehler zu machen. Schlimm ist, einen Fehler nicht zu korrigieren. Insofern hat Handball-Bundestrainer Christian Prokop richtig gehandelt, als er wegen der miserablen Defensivleistung beim glücklichen 25:25-Remis gegen Slowenien seinen Abwehrchef Finn Lemke nachnominiert hat. Fragen lassen muss er sich allerdings, warum er den 2,10-m-Riesen von der MT Melsungen erst aus seinem EM-Kader gestrichen hat, um ihn dann nach nur zwei Spielen doch zurückzuholen. Der Bundestrainer ist ein Risiko eingegangen, das völlig unnötig war. Und zu hoch, wie sich nun zeigte.

 

Experten, die es gut meinen mit dem 39-Jährigen, der nach nur zweieinhalb Jahren als Bundesliga-Coach und ohne internationale Erfahrung Nationaltrainer wurde, werten die nachträgliche Berufung Lemkes als reife Leistung – weil Prokop seine Fehleinschätzung schnell erkannt und prompt geändert habe. Man kann es aber auch anders sehen: So klar Prokop seine Handballphilosophie vertritt, so schwer tut er sich offenbar damit, wichtige Entschlüsse zu fällen. Bevor er den Vertrag als Bundestrainer unterschrieb, gab es ein langes Hin und Her. Und nun fuhr Prokop auch bei seiner ersten wichtigen Personalentscheidung einen Zick-Zack-Kurs. Das macht ihn angreifbar – auch wenn die deutschen Handballer bei der EM noch längst nicht vom Weg abgekommen sind.

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