Die Handballer des SV Leonberg/Eltingen haben in Max Schneider und Dennis Kellner ein Torhüter-Duo, das ziemlich verschieden ist, und doch recht gleich tickt. Für Trainer Christian Auer ein Glücksfall.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

„Wenn ich draußen saß und es nicht lief, habe ich Henning Fritz in seinen kurzen Pausen irgendeinen Quatsch erzählt, der gar nichts mit dem Spiel zu tun hatte. Ein Torhüter muss manchmal aus seinem Tunnel befreit werden.“ Johannes Bitter hat das vor vier Jahren in einem „Zeit“-Interview zur WM 2007 erzählt; er war damals zweiter Torhüter hinter Henning Fritz und berichtete von einem neidlosen, freundschaftlichen Verhältnis des Torhüter-Duos, was auch über die TV-Bilder dem Millionenpublikum vor Augen geführt wurde. Ein Jahr zuvor bei der Fußball-WM 2006 hatten die Sportfans das Kontrastprogramm erlebt, als Oliver Kahn zum Ersatzmann degradiert wurde und er zähneknirschend den Platz im Tor für Jens Lehmann räumen musste. „Im Fußball ist die Situation schon eine andere“, sagt Dennis Kellner, „da bekommt der Ersatzmann eigentlich keine Spielzeit – im Handball kann ein Torhüter davon ausgehen, dass er immer wieder zwischen den Pfosten steht.“

 

Der 29-Jährige kennt das aus dem Effeff, er bildet seit dieser Saison in der Württembergliga mit Max Schneider das Torhüter-Duo des SV Leonberg/Eltingen, der an diesem Samstag (20 Uhr) im Sportzentrum Leonberg auf den TV Neuhausen/Erms trifft. Mal wird Dennis Kellner den Neuhauser Angreifern die Stirn bieten, mal wird sein 25 Jahre alter Teamkollege versuchen, die Gästestürmer zur Verzweiflung zu bringen. „Wir unterstützen uns gegenseitig“, betont Kellner, der vor dieser Saison aus Schwaikheim nach Leonberg wechselte.

Max Schneider, der 2018 das Wohnzimmer der Handballer im Sportzentrum bezogen hat, wusste in etwa, was der Neuzugang für ein Typ sein würde – die Zahl der Torhüter in der Liga ist kleiner als die der Feldspieler, zudem sind die Burschen nicht nur farblich in exponierter Position. Soll heißen: Man kennt sich. „Ich wusste, wer Dennis ist“, erzählt Schneider, „er machte auf mich immer einen sympathischen Eindruck, wenn wir gegen sein Team spielten.“ Und sein Pendant meint ebenfalls: „Klar, ich kannte Max. Aber eigentlich nur vom Sehen, auch wenn wir mal ein paar Worte gewechselt haben.“

Beide erinnern an Bud Spencer und Terence Hill

Die oberflächlichen Eindrücke haben keineswegs getrogen. Seit Schneider und Kellner fürs gleiche Team aufs Feld marschieren, harmonieren sie mit jedem Tag mehr – fast wie Bud Spencer und Terence Hill in den Haudrauf-Klamaukfilmen der 1970er und 1980er sind sie zwei wie Pech und Schwefel. Ein explosives und unzertrennliches Duo. Die Konkurrenten im Tor sind Freunde im Leben. „Wir unternehmen auch privat immer wieder etwas gemeinsam“, erzählt Kellner, und Schneider meint knapp: „Das passt super.“ Es wirkt beinahe wie abgesprochen, dass beide SV-Torhüter demnächst im gleichen Ort wohnen. Schneider ist kürzlich nach Magstadt gezogen, Kellner baut dort gerade ein Haus, das bald bezugsfertig ist. Für ihre Fahrgemeinschaft nach Leonberg brauchte es keine externen Gründe wie Klimaerwärmung und hohe Energiepreise.

Trainer Christian Auer sieht Unterschiede

Nun mag die persönliche Freundschaft für beide sehr erfreulich sein, doch Christian Auer sind die außersportlichen Aktivitäten seiner Spieler im Grunde egal. Er fordert Leistung, er erwartet Aufopferung, er will Siege sehen. „Entweder verstehen sich Torhüter gar nicht oder hervorragend – beides ist leistungssteigernd“, sagt der Trainer der Leonberger Handballer, „natürlich ist es mir lieber, wenn bei ihnen Harmonie herrscht.“ Ein Betriebswirt würde das als Win-Win-Win-Situation beschreiben, drei Beteiligte, drei Sieger. Denn klar ist: Gewinnen wollen beide Torhüter jedes Spiel, egal, ob sich der eine oder andere im Kreis bewegt.

Die Zwei mögen gleich ticken, als Sportler sind sie verschieden, jeder hat seine Stärken und seine Schwächen als Tormann. Freilich beleuchten sie lieber ihre Zuckerseiten. „Ich bin der antizipative Typ“, sagt Kellner, „ich versuche zu ahnen, wo die Bälle landen. Dabei hilft mir die Erfahrung.“ Schneider sieht sich als der „beweglichere Mann. Ich springe in die Aktion rein und reagiere auf die Situation“. Christian Auer kennt die Vorzüge, zwischen verschiedenen Typen wählen zu können, und er macht reichlich Gebrauch davon. Je nach Partie entscheidet er, wer im Tor beginnt, dabei spielen „der Trainingseindruck, das Warmmachen, die Spielweise des Gegners und auch ein bisschen das Bauchgefühl eine Rolle“, sagt der Trainer. Bislang, so der gefühlte Wert, haben Dennis Kellner und Max Schneider in dieser Saison in etwa die gleiche Spielzeit bekommen – diese paritätische Verteilung wird ihr Verhältnis zusätzlich stärken. Im Handball wie auch privat.