Theatralik gehört bei den meisten Fußball-Profis dazu, wie der Jubel nach dem Torerfolg. Die Handball-WM zeigt, es geht auch anders – in den allermeisten Fällen zumindest.

Stuttgart - Arjen Robbens theatralischer Fall nach einem vermeintlichen Foul bei der Weltmeisterschaft 2014 gegen Mexiko ist bis heute legendär. Zahlreiche Memes im Internet, die den Niederländer beim Sturz in den Pool, beim Stagedive auf einem Rockkonzert oder beim Balletttanz zeigen, zeugen bis heute von der schauspielerischen Meisterleistung des Bayernspielers.

 

Härte? Gehört dazu!

Wie es anders geht, bewies beim Handball-WM-Spiel Deutschland gegen Frankreich Paul Drux. Der Berliner Rückraumspieler bekam in der 43. Minute die Hand von Adrian Dipanda mit voller Wucht ins Gesicht. Nun lässt sich darüber streiten, ob Dipanda absichtlich, billigend oder nur versehentlich die Hand ins Gesicht des 23-Jährigen schlug – die Reaktion von Drux war jedenfalls bemerkenswert: Ein kurzer Griff an die Nase, ein prüfender Blick an die Hand. Kein Blut? Alles klar. Noch ein kurzes Abklatschen mit dem Gegenspieler und weiter geht’s. „Gesunde Härte gehört zum Handball“, sagt Stefan Kretzschmar.

Ob die Härte von Dipanda in diesem Fall noch gesund war, darf bezweifelt werden. Die Nase von Drux hätte auch gebrochen sein können – den dänischen Unparteiischen (die im Eröffnungsspiel für ein viel harmloseres Foul noch die rote Karte gezückt hatten) reichte das Foul lediglich für eine Zwei-Minuten-Strafe. Wie die Reaktion bei einem vergleichbaren Foul beim Fußball ausgesehen hätte, lässt sich natürlich nur erahnen. Rudelbildung? Zumindest wahrscheinlich. Den Übeltäter weg schucken? Keinesfalls ausgeschlossen. Eine Karte beim Schiedsrichter fordern? Ganz bestimmt.

Rudelbildung? Nicht beim Handball!

Nun sind natürlich auch Handballer keine Waisenknaben und geraten in Ausnahmesituationen mal mit den Unparteiischen oder einem Gegenspieler aneinander – den Respekt, den die Schiedsrichter auf dem Feld genießen, und der prinzipiell faire Umgang der Handballer untereinander, dürfte dennoch jedem auffallen, der außerhalb der Handball-WM auch regelmäßiger Zuschauer der Fußball Bundesliga ist. Der Schiedsrichter ist eine Autorität, selbst Heimfans wollen ihr Team nicht zu viel lamentieren sehen und der verächtliche Blick des Gegenspielers, sollte doch mal einer zu theatralisch zu Boden gehen, ist den Handballern gewiss.

Nehmen Sie den isländischen Keeper Björgvin Gústavsson: Der Wikinger mit dem kaum zu buchstabierenden Namen bekam gegen Bahrain gleich drei Mal den Ball aus nächster Nähe mit voller Wucht an den Kopf gefeuert. Und wie reagiert der Ex-Bittenfelder? Er tanzt! Und das Publikum feiert den 33-Jährigen für seine Standhaftigkeit.

Ausnahmen? Bestätigen jede Regel!

Bekanntlich sind nicht alle Fußballer Schauspieler – und leider auch nicht alle Handballer immer so standhaft wie Gústavsson. Dies stellte spätestens Brasiliens Torhüter Cesar Almeida unter Beweis, als er auch dank seiner überbordenden Theatralik die rote Karte für Russlands Star Timur Dibirov provozierte. Und dennoch wäre es wünschenswert, wenn sich Fußballer nur ein wenig beim Handball abschauen würden. Die Häme, die Robben seit Jahren wegen diverser Schwalben abbekommt, würden ihm jedenfalls erspart bleiben – und den Fußballfans die unsportlichen, theatralischen und nervigen Schauspieleinlagen. Schön wär’s jedenfalls!