Der SV Leonberg/Eltingen verschenkt mit dem ärgerlichen 27:30 zwei Punkte an die HSG Langenau/Elchingen – der verletzte Jakob Ulrich leidet auf der Tribüne mit.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Kurz vor der Schlusssirene schwappt die Welle der Enttäuschung über den Fans des SV Leonberg/Eltingen herein. Als Philip Renner zum 29:26 für die HSG trifft und keine zwei Minuten mehr zu spielen sind, wird die lange unterdrückte Befürchtung zur endgültigen, schmerzhaften Gewissheit: Diese Partie ist verloren, am Ende entführen die Gäste aus dem Ulmer Umland mit 30:27 (16:15) beide Punkte aus dem Leonberger Sportzentrum, und Handball-Abteilungsleiter Matthias Groß knurrt in einer Melange aus Frust und Trotz vor sich hin: „Wenn man in den letzten Minuten so viele Chancen liegen lässt, hat man es nicht verdient, zu gewinnen.“

 

Es ist eine unnötige Niederlage. Was sie besonders frustrierend macht, ist der Umstand, dass es die Leonberger im Angriff auf die Summe von 23 Fehlwürfen bringen, was Trainer Christian Auer mit fatalistischen Worten quittiert: „Mit dieser Quote gewinnst du nicht einmal ein Spiel in der Bezirksliga.“ Vier vergebene Siebenmeter, viele ungenutzte Minuten in Überzahl, zahlreiche freie Würfe, die entweder vom bärenstarken HSG-Schlussmann Jan Schönefeldt pariert werden oder eben das Tor verfehlen, dazu gesellen sich vermeidbare technische Fehler. Eine abwendbare Pleite, weil die Langenauer nicht wirklich besser sind, da sie den Hausherren immer wieder durch eigene Unzulänglichkeiten anbieten, die beiden Punkte einzustecken – doch der SV ist wie ein Zahnarzt, der dem Patienten den bösen Zahn ziehen müsste, der aber ums Verrecken die nötige Zange nicht findet. „Wir hatten so viele Chancen, aber wir haben sie einfach nicht genutzt“, stöhnt der verletzte SV-Spieler Jakob Ulrich.

Der Kreisläufer hatte vor der Begegnung ausnahmsweise auf der Zuschauertribüne Platz genommen, um sich ein wenig in die Handball-Seele blicken zu lassen, während seine Kollegen am Samstagabend auf dem Spielfeld ihrer Leidenschaft nachgehen. Sonst verfolgt er die Partien von der Trainerbank aus. „Ich hatte zuvor keine großen Verletzungen“, erzählt Jakob Ulrich, der sich Mitte Oktober gegen den TV Neuhausen/Erms das Sprunggelenk ausgekugelt und mehrere Bänder gerissen hatte und seitdem zum Zuschauen verdammt ist, „vor März wird es wohl nichts mit dem Comeback“.

Jakob Ulrich lebt das Spiel mit

Der 27-Jährige ist aufgeregt, erstens wegen des Spiels, und zweitens, weil er es nicht gewohnt ist, einen Reporter neben sich sitzen zu haben. Ein paar Schlucke aus der Wasserflasche dämpfen die Aufregung in den ersten Minuten, in denen es hin und her geht. „Noch bin ich recht entspannt“, erklärt Jakob Ulrich, dessen Füße aber immer wieder nervös tippeln. Er lebt das Spiel mit, ballt die Faust, als SV-Keeper Dennis Kellner einen Siebenmeter pariert, schüttelt den Kopf, als die Schiedsrichter eine diskutable Zwei-Minuten-Strafe für Philip Schückle aussprechen, er stöhnt laut, als ein Tempogegenstoß ungenutzt bleibt. „Es tut einfach weh, wenn du die Dinger wegwirfst“, sagt der Rekonvaleszent, der seit der B-Jugend das Leonberger Trikot trägt, und den es schon genug schmerzt, dass er nicht mitspielen kann.

Fingergymnastik gegen Nervosität

Die neuen Leiden des Jakob U. nehmen nach der Pause zu. „Rot ist zu hart“, schimpft der Handballer, als Schückle von Feld geschickt wird (32.), „zwei Minuten wären okay gewesen“. Eine Szene, die Trainer Auer später als ärgerlich, jedoch nicht als spielentscheidend einstuft, denn die Hausherren liegen bis zur 53. Minute mit maximal einem Treffer hinten – die Chance ist stets intakt, die Führung zu erobern. Jakob Ulrich baut die Nervosität ab, indem er mit den Fingern intensiv Gymnastik betreibt. Der Handball-Krimi nimmt einen mit. Äußerlich scheint er gefasst, aber in ihm drin, da muss es brodeln. „Wir haben die Chancen, aber wir nutzen sie nicht“, sagt er verzweifelt. Als Felix Wiederhöft verwirft, statt des 27:28 fällt im Gegenzug das 26:29 (58:03), wissen Jakob Ulrich und mit ihm die Fans, dass alles Hoffen vergebens war. Er wechselt ein paar Sätze mit den Nebensitzern und verabschiedet sich: „Ich geh’ zu den Jungs in die Kabine.“

„Wir hatten ein paarmal wirklich Glück“, sagt HSG-Trainer Jörg Baresel 15 Minuten später. So kann man es freilich auch sehen. SV Leonberg/Eltingen: Zimmermann (5), Neuffer (5/3), Wiederhöft (5), Hönig (5), Binder (2), Schückle (2), Kutzner (1), Fischer (1), Klatte (1).