Der VfL Pfullingen hat bis 2006 in der Handball-Bundesliga gespielt, dann kam die Insolvenz. Jetzt hat sich der Verein wieder hoch gearbeitet – zumindest bis in die dritte Liga.

Pfullingen - Neun Jahre nachdem der VfL Pfullingen aus der Handball-Bundesliga verschwunden ist, kehrt der Club in die auch bundesweit wahrgenommenen Regionen des Handballs zurück. Vier Spieltage vor dem Saisonende ist der Tabellenführer der Baden-Württemberg-Liga nicht mehr von einem Aufstiegsplatz zu verdrängen und wird in der nächsten Spielzeit in der dritten (Bundes-)Liga Süd antreten. In den verbleibenden vier Spieltagen – am Samstag (20 Uhr) empfängt der VfL den TV Sandweier – liefern sich die Pfullinger noch einen Zweikampf mit dem TV Oppenweiler um den Meistertitel. Gut möglich, dass dann der Aufstiegs- auch noch die Meisterfeier folgt. „Die Jungs waren so leidenschaftlich und konzentriert und haben das so was von verdient“, sagt der Pfullinger Coach Till Fernow.

 

Der 31-Jährige hat beim VfL vor dieser Saison seine erste Trainerstelle angetreten, nachdem er zuvor sieben Jahre lang für den Club auf dem Spielfeld gestanden hatte. Fernow verkörpert die Zeit des Übergangs bei dem traditionsreichen Verein, die im Jahr 2006 mit der Insolvenz der Bundesliga GmbH und dem Pfullinger Zwangsabstieg in die Verbandsniederungen der Württembergliga begann.

Zu diesem Zeitpunkt stand der Verein als geplante SG Pfullingen-Stuttgart vor einem Wechsel in die Landeshauptstadt, von der Spielzeit 2006/07 an sollte der Bundesligaspielbetrieb in die Porsche-Arena umgesiedelt werden. Stuttgart sollte einen Handball-Bundesligisten bekommen. Allein: es fehlten die Sponsorpartner, um das Projekt auch wirklich anzuschieben. In der Hauptstadt konnte der Club keine neuen Geldgeber finden, gleichzeitig bekam er auch die Entwurzelungsängste in der Heimatregion rund um Reutlingen zu spüren. Das Projekt war beendet, bevor es so richtig begonnen hatte.

Das Konzept ist aufgegangen

Mit der Insolvenz, dem Rücktritt der Verantwortlichen in der GmbH um den Vorsitzenden Alfred Mayer und dem Zwangsabstieg drohte eine württembergische Handballhochburg in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Von 1985 an spielte der VfL 17 Jahre lang unter dem langjährigen Landestrainer Kurt Reusch in der zweiten Liga. 2002 gelang der Aufstieg in die Bundesliga, in der sich der Verein mit bescheidenen finanziellen Mitteln viele Jahre – auch unter dem heutigen Schweizer Nationaltrainer Rolf Brack – erfolgreich gegen den Abstieg stemmte.

Zurückgeworfen auf die heimatliche Basis fanden sich in Hans Renz und dem langjährigen VfL-Spieler Wolfgang Birk engagierte Handballer, die dem Verein neues Leben einhauchten. Unter dem neuen Vorsitzenden Hans-Georg Finkbohner wurde ein Sieben-Jahres-Plan erarbeitet, an dessen Ende der Aufstieg in die dritte Liga stehen sollte. Das Konzept ist aufgegangen – wenn auch mit einem Jahr Verspätung.

„Wir mussten ganz unten anfangen, auch mit der Jugend erst wieder etwas aufbauen“, sagt Finkbohner. Diese Geduld trägt jetzt Früchte. Rund die Hälfte des aktuellen Teams entstammt der VfL-Jugend. Und mit dem Zweitligisten TV Neuhausen/Erms gibt es seit einigen Jahren in der JSG Echaz/Erms auch eine gemeinsame Nachwuchsarbeit. „Das ist schon wieder professionell, was da auf die Füße gestellt wurde“, sagt Kurt Reusch.

„Jetzt wollen wir auch Meister werden“

In den Zeiten des Neubeginns zeigte sich, was die Handballhochburg Pfullingen stark macht. Die Zuschauer strömten auch in den unterklassigen Ligen in die Kurt-App-Halle, zuletzt durfte der VfL bei seinen Heimspielen durchschnittlich rund 800 Zuschauer begrüßen. Und auch die inzwischen etwa 80 Sponsoren konnten von dem Konzept der neuen Führungscrew überzeugt werden. „Die Entwicklung ist sehr positiv“, sagt Alfred Mayer, der öfter Gast in der Kurt-App-Halle ist.

Die Pfullinger werden wohl mit einem Etat von rund 500 000 Euro in die Drittligasaison starten können, wobei sie bereits jetzt mit viermaligem Training pro Woche einen hohen Standard haben. Bundesligaträume gibt es indes in Pfullingen keine. Das jüngste Team der Liga – der älteste Spieler ist 25 Jahre alt – soll sich zunächst einmal in Liga drei bewähren und das vorhandene Potenzial ausreizen. Die Ziele des Trainers Till Fernow sind ohnehin noch ganz auf diese laufende Spielzeit ausgerichtet. Jetzt, so sagt er deshalb, „wollen wir auch Meister werden“.