Der steigende Preis des Edelmetalls zieht alte und junge Kunden in Pfandhäuser - auch in Stuttgart. Viele trennen sich von ihrem Goldschmuck.

Stuttgart - Normalerweise wollen die meisten Kunden, die zu Daniela Germann-Schedl kommen, lediglich einen finanziellen Engpass überbrücken: sie überlassen der Inhaberin des gleichnamigen Pfandhauses in Stuttgart ihre Wertgegenstände und lösen sie nach einigen Wochen wieder aus. "Aber jetzt kommen immer mehr, die verkaufen wollen", sagt die Geschäftsfrau. Der Grund dafür sei eindeutig: "Der Goldpreis ist so hoch wie nie zuvor."

 

Seit gut zwei Monaten klettern die Preise für das Edelmetall besonders steil in die Höhe - gestern hat der Wert ein historisches Hoch von 43 Euro pro Gramm erreicht. "Da trennen sich viele lieber von einem Schmuckstück, als dass sie es behalten", sagt Germann-Schedl. Auch im städtischen Pfandleihhaus registrieren die Mitarbeiter die Veränderung. "Wir haben keine genauen Zahlen, aber die Kunden sind so gut informiert wie nie zuvor", sagt der Leiter Ralph Britsch. Kunden jeden Alters kämen vorbei, Studenten ebenso wie Geschäftsleute. "Viele schauen nach, was noch zu Hause rumliegt."

Nicht nur in den Pfandleihen, sondern auch bei Goldankäufern und Juwelieren geben die Bürger ihre Wertsachen ab. "Die Leute rennen den Händlern in ganz Deutschland die Bude ein", sagt Roman Schneider, der Vorsitzende des Berufsverbands des Deutschen Münzfachhandels und des Branchenverbands der Goldhändler. Einen solchen Ansturm erlebt derzeit auch Bernhard Sandkühler. "Es ist der nackte Wahnsinn, was hier los ist, sagt der Geschäftsführer eines Juweliers in der Stuttgarter City. Immer mehr Kunden wollen bei ihm ihr Gold zu Geld machen - die Zahl der Mitarbeiter hat er deshalb erhöht. "So etwas hat es noch nie gegeben."

"Wenn ein großer Markt entsteht, dann wird heftig gekämpft..."

Um 60 Prozent sei der Kundenzulauf in den vergangenen fünf Wochen gestiegen, berichtet ein weiterer Goldankäufer in der Stadt. Auch im Juweliergeschäft Eppli ist der Andrang riesig. "Teilweise stehen die Leute schon morgens Schlange. Es ist extrem, wie viel gerade verkauft wird", sagt Geschäftsführer Franz Eppli. Für den Markt habe das Konsequenzen, glaubt er. "In den letzten Jahren sind die Goldankäufer aus dem Boden geschossen, und es gibt leider einige, die nur Geld verdienen wollen." Ungenaue Preisangaben oder merkwürdige Angebote seien die Folge. Germann-Schedl sieht es ebenso. "Man muss höllisch aufpassen. Besonders ältere Leute werden oft über den Tisch gezogen."

Rund 250 gemeldete Betriebe gibt es in der Stadt, vor fünf Jahren waren es noch 170. Ob es sich um einen seriösen Goldankäufer handelt, wird vor der Geschäftseröffnung überprüft. "Die gewerberechtliche Zuverlässigkeit und das Führungszeugnis müssen stimmen," sagt Benno Bartosch, der stellvertretende Leiter der Gewerbebehörde im Stuttgarter Ordnungsamt. Auch ohne konkreten Anlass könnten die Betriebe danach weiterhin kontrolliert und ihre Einkaufsbücher eingesehen, Waagen und Material geprüft werden. "Rechtlich handelt es sich um ein überwachungsbedürftiges Gewerbe, bei dem das verdachtsunabhängig ginge", erklärt Bartosch.

Praktisch allerdings passiert das in Stuttgart nicht. "Leider Gottes sind wir dazu personell zu schlecht aufgestellt", bedauert er. Akuten Handlungsbedarf habe es bisher allerdings nicht gegeben. Anders stellt sich das bei der Stuttgarter Wettbewerbszentrale dar. Es gebe in der Stadt durchaus gewisse Vorwürfe, die zu überprüfen seien, so Rechtsanwalt Friedrich Pfeffer. Konkreter werden will er nicht. "Aber wenn ein großer Markt entsteht, dann wird heftig gekämpft. Und sicher auch manchmal mit unlauteren Methoden."

Edles Matreial

Entdeckung Die Geschichte des Goldes reicht mehrere Jahrtausende zurück. Erste Funde datieren auf 4500 vor Christus. Die Ägypter förderten das Metall seit 2000 vor Christus, die ersten Goldmünzen prägten die Römer rund 1950 Jahre später. Wert Das Gewicht wird in Feinunzen angeben, deren Preis in Dollar. Eine Feinunze entspricht 31,1 Gramm. Je nach Reinheitswert (Karat) geben viele deutsche Händler ihre Preise pro Gramm an. Ist ein Ring beispielsweise 7,8Gramm schwer und aus 333er Gold (8 Karat), beträgt der Feingoldanteil ein Drittel: der Verkäufer erhält den Preis für 2,6 Gramm.