Margot Keller war noch bei der Vor-Vorgängerin der Fellbacher K und M Confiserie angestellt. Die 78-Jährige hilft im Laden mit, der bald 100-Jahr-Jubiläum feiert.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Die Kundin freut sich, dass Margot Keller an diesem Vormittag wieder da ist: „Schön, Sie zu sehen“, sagt Irmtraud Wolf. „Wir kennen uns nun schon rund 60 Jahre“, sagt die Kundin. Sie komme gerne in die K und M Confiserie, das sei ein „nettes Lädle“, mit einem ausgesuchten Sortiment. Und dazu gebe es auch immer ein kleines Schwätzchen. Margot Keller und die 75-jährige Irmtraud Wolf sind schon so lange bekannt, dass sie noch gegenseitig ihre Eltern gekannt haben.

 

Margot Keller springt auch ein, wenn Bedarf ist

Auch wenn an diesem Vormittag im Advent richtig viel los ist in dem kleinen Fachgeschäft, hat das eingespielte Team rund um Inhaberin Simone Schmid alles im Blick. Die Kunden werden persönlich beraten, und oft kennt man die Vorlieben des Gegenübers. Margot Keller arbeitet normalerweise immer montags in der Confiserie. Doch wenn viel los ist – und das ist besonders in der Adventszeit – dann springt die Fellbacherin mit ein, wie an diesem Dienstag.

Sie könnte längst im Ruhestand sein, doch die Arbeit in dem Schokoladen- und Pralinengeschäft macht ihr Freude. „Ich bin gerne unter Menschen“, sagt Margot Keller. Sie kennt sich aus im Einzelhandel. Ihre Eltern hatten ein Lederwarengeschäft in der Hirschstraße. Ihr Vater war von Beruf Sattler. Im elterlichen Betrieb hat sie damals ihre Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau gemacht. Das war zwar eine andere Branche, doch den Umgang mit Kunden hat sie von der Pike auf gelernt.

Einem Mann, der mit Stöcken unterwegs und etwas beschwerlich zu Fuß ist, hilft Margot Keller nach draußen – mit dem großen Adventskalender in der Hand, den er gekauft hat. Margot Keller war bereits bei der vorherigen Inhaberin, Michaela Mahn, angestellt. Diese musste die etablierte Confiserie aus persönlichen Gründen aufgeben und hatte Ende 2019 eine Nachfolgerin gesucht. „Wir haben immer noch Kontakt, manchmal gibt es auch ein Treffen mit den früheren Mitarbeitern“, erzählt sie.

„Ich habe auch noch mit Frau Strobl gearbeitet“, berichtet die 78-Jährige. Margot Keller ist damals in den 1980er Jahren von Gis Strobel, der Tochter des Gründers Albert Bauer, eingestellt worden. Das Traditionsgeschäft in der Bahnhofstraße geht auf den sogenannten „Schoko-Bauer“ in den 1920er-Jahren zurück.

Über Jahre, gar Jahrzehnte ist der Kundenstamm gewachsen. Eine Kundin kommt eigens aus Winterbach in die Fellbacher Bahnhofstraße. „Wir kaufen hier immer unsere Mitarbeitergeschenke, wir haben einen gastronomischen Betrieb“, erzählt die Frau. Sie schätze die Beratung und das besondere Sortiment. Auch den Service, dass die Geschenke schön verpackt werden.

Fleischkäse wurde damals gegen etwas Süßes getauscht

Langsam füllt sich der kleine Laden, mit Kunden aller Altersgruppen. „Haben Sie auch etwas da für eine gut bestandene Prüfung?“, fragt eine Frau. Die Anliegen sind ganz unterschiedlich. Margot Keller steht hinter der großen Vitrine mit den Pralinen in verschiedensten Geschmacksrichtungen und bedient die Kunden. „Zum Mittagessen ziehe ich aber etwas Herzhaftes vor“, sagt sie. Auch wenn sie von so viel süßen Genüssen umgeben sei. Und Margot Keller erzählt von folgendem Tausch aus früheren Jahren: Da habe der Metzger Mack von nebenan immer wieder mal einen Fleischkäse am Mittag vorbeigebracht und habe stattdessen etwas Süßes bekommen. Damit seien alle sehr zufrieden gewesen.

Alle Generationen sind im Team und bei den Kunden vertreten

In dem Geschäft sind nicht nur alle Generationen als Kunden vertreten, auch im Team ist die Altersspanne breit. Maria Mandl absolviert in der Confiserie ihr erstes Ausbildungsjahr als Einzelhandelskauffrau. Sie hat zuvor seit September 2021 in dem Fachgeschäft mitgearbeitet. „Ich habe mich bewusst dafür entschieden, hier gefällt es mir“, sagt die 22-Jährige aus Oeffingen. Ihr persönlicher Favorit seien Dominosteine: „Die passen wunderbar zur Adventszeit.“

Mut zur Selbstständigkeit

Historie
Gis Strobel, die Tochter des Gründers Albert Bauer, hatte unserer Zeitung vor einiger Zeit ein Foto der Bahnhofstraße 109 zukommen lassen. Die Aufnahme zeigt das Elternhaus und gleichzeitig das Stammhaus der früheren Firma „Radio und Schoko Bauer“. Da heißt es: Im Jahr 1923, mitten in der Inflation, hatten Berta und Albert Bauer den Mut zur Selbstständigkeit. Doch wie sollte man davon leben, in dieser schwierigen Zeit? Der Gedanke war, das Sortiment so zu gestalten, dass etwas für den täglichen Bedarf die Kunden in den Laden zieht. Öffnete man die Ladentüre, gab es auf der rechten Seite etwas „Süßes für die Damen“, auf der linken Seite „etwas zu Rauchen für den Herrn“. Ging man ein paar Schritte weiter, gab es „Musik für beide“ in der Musikabteilung.

Umzug
Nach weiteren Jahren waren die Räume allerdings zu klein und man zog zwei Häuser weiter. Die Firma Radio Bauer und Schoko Bauer präsentierten sich von da an nun in getrennten Räumen.