Alle Filialen sind oder werden aufgegeben, das Stammhaus in Fellbach Ende Mai. Geschäftsführerin Manja Schall nennt mehrere Faktoren, die zu der Entscheidung geführt haben. Bei einem großen Fest ist das Fachgeschäft aber noch dabei.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

An den Schaufenstern des Gebäudes in der Cannstatter Straße ist es in großen Lettern zu lesen: „Großer Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe.“ Eine Kundin, die gerade in die Parfümerie in Fellbach gehen möchte, sieht vom Weiten den Hinweis und ist aufgewühlt. „Nein, ich glaube es nicht“, sagt sie, „ich komme so gerne her. Auch in den Kosmetikkabinen lasse ich mich regelmäßig behandeln“, sagt die Frau aus Schmiden. Vor Ort probieren und riechen können, die Düfte erleben, dazu fundiert beraten werden, das schätze sie in dem Laden. „Die Schließung ist ein großer Verlust“, sagt die Kundin.

 

„Wir haben uns schweren Herzens zu diesem Schritt entschieden“, sagt Manja Schall. Sie ist neben ihrem Vater Mitgeschäftsführerin des Unternehmens, das vier Standorte umfasst. Außer dem Stammsitz in Fellbach ist die Parfümerie im Kreis Esslingen in Kirchheim/Teck, in Wendlingen sowie in Ebersbach/Fils im Kreis Göppingen vertreten. Alle Standorte machen dicht. Die Filiale in Wendlingen wurde schon im Herbst des vergangenen Jahres geschlossen, ebenso wurde im September 2022 die Filiale in Ebersbach aufgegeben. In diesem Frühjahr werden nun die Standorte in Kirchheim und die Zentrale in Fellbach folgen. Es seien mehrere Faktoren, die zu dem schmerzlichen Schritt geführt hätten, sagt Manja Schall.

Konkurrenz durch Drogerien und Apotheken

Die Verluste während der Coronazeit und den damit verbundenen Auflagen seien sehr groß gewesen. Die Zwangsschließung während der Pandemie war in Fellbach zwar für Renovierungsarbeiten genutzt worden und die Anzahl der Kabinen, wo sich die Kunden von ausgebildeten Kosmetikerinnen behandeln lassen können, von bisher fünf auf acht erhöht worden. Doch die Nachfrage habe gefehlt. Außerdem sei in der Branche ein starker Umbruch im Gange. Auch Drogerien und Apotheken hätten nun Düfte und Kosmetikprodukte im Angebot.

Das unterstreicht auch Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. Parfümerien stünden jetzt auch in Konkurrenz mit Drogeriemärkten, die inzwischen teilweise eine große Auswahl an Parfüm hätten. Und natürlich sei die Konkurrenz im Onlineverkauf groß, sagt Manja Schall. Das sieht Sabine Hagmann ähnlich. Besonders die Onlineshops der Lieferanten würden vielen Parfümerien Probleme bereiten.

Der Strukturwandel zeige sich, wie Manja Schall erzählt, auch daran, dass es früher in Fellbach drei Parfümerien gegeben habe. Mit der Schließung von Erb geht diese Ära zu Ende. Das inhabergeführte Geschäft kann auf eine längere Historie zurückblicken. Das Familienunternehmen war 1925 von Karoline Seyerle als Feinkostgeschäft gegründet worden. Ab 1935 übernahm dann deren Tochter Hilde Erb den Betrieb. Ihr Sohn Dietmar Erb folgte 1968 als Unternehmensinhaber. Er gründete nach seiner Lehre als Drogist in unmittelbarer Nähe zum Stammhaus eine kleine Parfümerie mit dem Namen Sie&Er. 1982, nach dem Tod des Vaters, wurde das Elternhaus als Parfümerie mit Kosmetikinstitut umgebaut. Zeitweise betrieb das Familienunternehmen Erb sechs Filialen im Raum Stuttgart, wird auf dessen Homepage berichtet. Auch eine Filiale in der Fellbacher Bahnhofstraße gehörte dazu.

Beim Maikäferfest ist die Parfümerie letztmals dabei

Die Mietverträge in Ebersbach und Wendlingen seien ausgelaufen, das sei Anlass gewesen, diese Standort im Herbst zu schließen. In Kirchheim habe man das Glück, dass eine ehemalige Mitarbeiterin ab 1. April die Räume nutze und mit ihrem Geschäft „Wolkenlos und heiter“ einziehe. Wie auf deren Homepage zu sehen ist, wird Anfang Mai Eröffnung mit einem neuen Angebot rund um Geschenke und Dekoration gefeiert.

In Fellbach läuft der Ausverkauf seit Anfang März. Es sei geplant, das Geschäft in in der Stadt Ende Mai zu schließen. Beim Fellbacher Maikäferfest mit verkaufsoffenem Sonntag, das am Sonntag, 7. Mai, gefeiert wird, sei man also noch dabei – wie immer über viele Jahrzehnte.

Auch Schuh Pirone macht bald zu

Für Karsten Huber, Sprecher der Interessengemeinschaft Rathaus-Carrée, ist es ein herber Schlag für die Innenstadt. „Die Geschäftsaufgabe von Parfümerie Erb ist ein weiterer Verlust eines inhabergeführten Betriebes in Fellbach und bestärkt uns in unserer Feststellung, die städtischen Marketingmaßnahmen neu zu überdenken und ein zukunftsfähiges ganzheitliches Konzept für die Stadt zu erarbeiten mit dem Ziel, dem Verlust an Einzelhandelsgeschäften entgegen zu wirken“, teilt er mit.

In diesem Frühjahr schließt auch das Schuhfachgeschäft Pirone in Fellbach. „Der Endspurt im Abverkauf läuft“, sagt die Inhaberin Maria Pirone. Die Räume seien zum 1. Mai neu vermietet, es folge ein Betrieb aus der Dienstleistungsbranche.

Viele Jahre im Zeichen der Erweiterung

Expansion
 Als sich 1990 die Möglichkeit ergab, die Drogerie Kley in Fellbach zu übernehmen, nutzten Dietmar Erb und seine Frau Helga die Möglichkeit zur Expansion, wie es auf der Homepage heißt. Auch dem Zusammenschluss mehrerer Privatparfümerien zur Interessengemeinschaft Intercos traten sie bei. 1995 übernahm die Familie Erb die Drogerie Decker in Kirchheim, Wendlingen und Köngen. Tochter Manja Erb trat 1997 ins Unternehmen ein und wurde 2003 zur Geschäftsführerin bestellt. 2005 kam in Plochingen eine Filiale hinzu, sodass das Familienunternehmen Erb in der Spitze sechs Filialen im Raum Stuttgart betrieb.

Onlineshop
 Durch Standortveränderungen wurden die Filialen Köngen und der Fellbacher Bahnhofstraße geschlossen, die Filiale Plochingen zog in ein neues Einkaufsareal nach Ebersbach. Als weiteres Standbein wurde 2010 ein Onlineshop aufgebaut.