Schlechte Konsumstimmung, steigende Energiekosten und die Drohungen der Landesregierung für den Pandemie-Herbst versetzen den Handel in Alarmstimmung.

Auch das noch: Da hatte sich der Einzelhandel gerade ein wenig aus der Corona-Krise herausgekämpft, folgen die Wirkungen der Inflation und einer durch den Krieg gedämpfte Konsumstimmung. Sabine Hagmann vom Handelsverband betrachtet diese Entwicklung mit Sorge. Denn nun kommt noch ein weiterer Faktor dazu: die Energiekrise. Hagmanns Kollege Stefan Genth vom Handelsverband Deutschland (HDE) meint dazu: „Die Konsumstimmung ist im Keller. Der Handel spürt eine zuvor nie dagewesene Verunsicherung ihrer Kundschaft und das branchenübergreifend.“ Weiter heißt es: Die Energiekrise verstärke die Kaufzurückhaltung zusätzlich. Kaum einer wage in diesen Zeiten größere Anschaffungen. Daher stünde die Branche vor enormen Herausforderungen.

 

Gerber rüstet auf LED-Leuchten um

Guido Reuter, Centermanager vom Einkaufscenter Gerber, kann das bestätigen: „Die hohen Energiekosten und ein Umsatz, der nicht da ist, wo er sein sollte, trifft viele im Handel.“ Vor allem aber die Textilhändler sieht er in arger Bedrängnis. „Hier müssten Anreize geschaffen werden, sonst wird es für viele sehr schwer werden“, sagt Reuter, dem Übles schwant: „Wenn im Oktober die Kosten explodieren und dann noch die Maskenpflicht zurückkommt, kann keiner sagen, wie sich das auswirkt.“

Mit staatlichen Anreizen für kleinere Händler meint der Centermanager beispielsweise die Unterstützung bei der Umrüstung von Energiefressern hin zu sparsamen Modellen. „Im Gerber haben wir bereits mit Austausch bei der Beleuchtung mit LED-Lampen begonnen“, sagt Reuter, „und das Einsparpotenzial ist riesig.“ Von fast 60 Prozent weniger Energiebedarf kann er berichten. Zusammen mit der Umrüstung bei den Lichtschaltern mit Bewegungsmeldern oder bei der Anlagetechnik der Klimaanlage sowie der Heizung könne man im Gerber viel Energie einsparen. Auch die Rolltreppen müssen nicht toujours laufen. „Alle diese Dinge stehen bei uns gerade ganz oben auf der Tagesordnung“, sagt er und ergänzt: „Frieren wird im Gerber sicher keiner.“

Das, was im Gerber bereits umgesetzt wird, sei auch für kleinere und mittlere Läden möglich, meint Sabine Hagmann. Daher habe man eine Spar-Checkliste erstellt, die man auf der Homepage des Handelsverbandes downloaden könne. Tatsächlich listet der Handelsverband hier sehr detailreich auf, wo bei der Beleuchtung, der Heizung, der Lüftungs- und Klimaanlage, der Kühlmöbel oder dem Warmwasser gespart werden kann. Ein Beispiel aus der Liste: „Der Staub in den Gitterchen auf der Rückseite der Kühlmöbel erhöht den Energieverbrauch um mehr als fünft Prozent. Also am besten regelmäßig entstauben!“

Verbale Watsch’n für Lucha

Ob das in der kommenden Zeit hilft. Christian Riethmüller, Chef des Traditionsbuchhändlers Osiander, will nichts ausschließen. Aber er sieht den gesamten Einzelhandel in einer „extrem gefährlichen Situation“: „Wir sind dreifach betroffen: Die Leute geben weniger aus, die Energiekosten steigen enorm und dadurch geht der Preisindex bei den Mieten nach oben.“ Er wagt daher keine Prognose dazu, wer diese Lage meistern könne. Ein Rettungsanker wäre jedenfalls, „die Mehrwertsteuer für den stationären Einzelhandelhandel dauerhaft zu senken. Denn sonst werden weiter Läden aus der Innenstadt verschwinden. Aber nicht nur dem Bund diktiert er in dieser Hinsicht etwas ins Stammbuch. Auch an das Land, insbesondere Sozialminister Manfred Lucha, geht der Hinweis zur Mäßigung: „Lucha hat es ja bereits angekündigt, bei den Coronamaßnahmen wieder den ganzen Instrumentenkasten ausschöpfen zu wollen. Wir werden ab Herbst sicher wieder das schlimmste Bundesland sein. Schließlich haben die ja schon zuletzt den Handel mit ihrer Politik drangsaliert.“