Handel, Sicherheit, Kultur Beim City-Gipfel geht es um die Zukunft der Innenstadt

OB Frank Nopper weist den Weg. Foto: imago images/Arnulf Hettrich

OB Frank Nopper sagt der drohenden Verödung der Innenstadt beim City-Gipfel den Kampf an. Händler beklagen indes mangelndes Sicherheitsgefühl der Besucher.

Stuttgart - Selten, ja wahrscheinlich noch nie, hat sich im Rathaus eine derart hochkarätige Besetzung mit der Zukunft der Innenstadt auseinandergesetzt. OB Frank Nopper hat zusammen mit der City-Initiative Stuttgart (CIS), seinen in der Sache betroffenen Bürgermeistern, der Wirtschaftsförderung, der Industrie- und Handelskammer (IHK), dem Handelsverband und Vertretern aus Kultur, Gastronomie sowie des Handels zum ersten City-Gipfel geladen. Ergänzt wurde der erlesene Kreis durch einen Vertreter der Immobilienwirtschaft (Michael Bräutigam/Colliers) und durch den Großinvestor Ferdinand Piëch, Sohn des gleichnamigen ehemaligen Porsche-Großaktionärs und VW-Aufsichtsratsvorsitzenden.

 

Um es vorwegzunehmen: Alle Beteiligten verließen den Sitzungssaal mit einem guten Bauchgefühl und der Zuversicht, der drohenden Verödung der City mit gemeinsamen Kräften entgegenwirken zu können. OB Nopper meinte im Anschluss der Sitzung sogar, er glaube fest an die Zukunft der Innenstadt und die Zukunft des innerstädtischen Einzelhandels: „Denn wir setzen uns alle für eine lebens- und liebenswerte Innenstadt ein.“

Handel ächzt unter den Demonstrationen

Ganz so optimistisch sieht Marjoke Breuning, Inhaberin des Traditionsgeschäftes Maute Benger in der Königstraße und IHK-Präsidentin, die Lage nicht: „Es war ein guter Auftakt und es war gut, überhaupt einmal in diesem Kreis ins Gespräch zu kommen. Aber den ganzen großen Wurf wird es angesichts der Problemlage wohl nicht geben. Wir müssen an vielen kleinen Stellschrauben drehen.“ Eine dieser Schrauben sind die vielen Demonstrationen in der Innenstadt. Dieses Thema ist in der Sitzung nach Berichten vieler Teilnehmer sehr hitzig und engagiert diskutiert worden. Denn den Vertretern des Handels ist vor allem der dadurch entstehende Mangel an Sicherheitsgefühl der Stadtbesucher ein Dorn im Auge.

Demos wirken sich negativ auf Besucherstrom aus

Die Vertreter des Handels monierten so auch die gravierenden Auswirkungen auf die Passantenfrequenz und den Umsatz. Wasserwerfer im Stadtbild, Hundertschaften der Polizei oder Absperrgitter, die ganze Ladenzugänge zustellen, sind aus Sicht der Einzelhändler geschäftsschädigend. Ferdinand Piëch soll es in seinem Redebeitrag plastisch auf den Punkt gebracht haben: Wer mit einem Kofferraum voller verderblicher Lebensmittel nach dem Einkauf bei Feinkost Böhm aus der Tiefgarage wolle, aber wegen einer Demonstration auf der Theo eine Stunde warten müsse, sei nicht geneigt, erneut in der City einzukaufen.

Im September geht es weiter

An diesem Punkt sollen OB Nopper sowie sein Ordnungsbürgermeister Clemens Maier recht ungehalten reagiert haben. Beide verwiesen auf das Grundgesetz und das hohe Gut der Versammlungsfreiheit, das der Stadt bei der Genehmigung von Demos keinen Spielraum lasse. Marjoke Breuning mag sich damit nicht zufriedengeben: „Mein Appell an die Stadt lautet, hier juristisch alles auszureizen.“ City-Manager Sven Hahn, der die Veranstaltung moderierte, versteht beide Seiten – die Interessen der Händler und die der Stadt. Er weiß, dass die Händler stets die „Verhältnismäßigkeit einer Demonstration“ monieren. Als Beispiel nennt er die Kundgebungen vor dem Metropol-Kino: „Hier wird wegen 30 Leuten für Stunden die ganze Bolzstraße beeinträchtigt. Solche Beispiele gibt es viele.“

Nopper verspricht kostenfreien ÖPNV an einem Wochenende

Neben vielen guten Absichtserklärungen brachte der Gipfel auch Habhaftes. OB Nopper versprach an einem Wochenende kostenfreien ÖPNV, der aus Mitteln eines europäischen Fonds gespeist werden soll. Zudem stellte er die Verlängerung des Weihnachtsmarktes bis zum 1. Januar in Aussicht. Auch die Gastronomie soll unterstützt werden: Die Lockerungen angesichts der Erschwernisse in der Pandemie sollen bis zum 31. Dezember verlängert werden, auch bei den Gebühren will die Stadt kulant sein.

Weitergehen soll es am 19. September mit dem zweiten City-Gipfel. Dann will der Oberbürgermeister konkrete Vorschläge, die der Handel bis Mitte August einreichen soll, diskutieren. Mit Blick auf den zweiten Gipfel fällt das Fazit von Sabine Hagmann (Handelsverband) positiv aus: „Grundsätzlich ist es gut, dass es nun dieses Forum gibt. Denn wir sitzen bei diesem Thema alle in einem Boot.“ Die Tatsache, dass 72 Prozent der Besucher wegen des Handels in die Innenstadt kämen, so Hagmann , müsse jedem die Dimension der Diskussion bewusst machen: „Wir leben alle davon, daher müssen wir schauen, wie wir den Menschen den Weg in die Stadt erleichtern können.“

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Stuttgart Einzelhandel Handel