Dass der EU-Kommissionspräsident sagt, er reise ohne Angebot nach Washington, stärkt nicht die Position der Europäer, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - Natürlich darf nicht übersehen werden, wo die Ursache für den Handelsstreit mit der USA liegt: Es ist Donald Trump, der sich von den Grundlagen des erfolgreichen Welthandels in den vergangenen 70 Jahren verabschiedet.

 

Einmalig ist, dass ein US-Präsident eine Fülle von Strafzöllen für Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ankündigt und diese mit Maßnahmen für die nationale Sicherheit begründet. Gegen die Willkür scheinen die Handelspartner machtlos zu sein. Das liegt auch daran, dass die Folgen der kurzsichtigen US-Politik erst mit der Zeit sichtbar werden. Der Internationale Währungsfonds hat gerade erst davor gewarnt, dass das Wachstum der Weltwirtschaft zurückgehen könnte. Die Gefahr liegt gerade darin, dass sich die negative Effekte allmählich zeigen – auch in den USA. Trump meint deshalb fälschlicherweise, Amerika könne sich einen Handelskrieg an mehreren Fronten leisten.

Es kommt auf den Faktor Zeit an. Entscheidend ist, dass die Europäer alles unternehmen, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Falls Trump die angekündigten Strafzölle auf Auto-Importe in Kraft setzt, werden das in erster Linie die deutschen Autobauer spüren. Auch Zulieferer aus Deutschland und anderen europäischen Ländern geraten dann in Mitleidenschaft. Bisher zieht die EU-Kommission daraus nicht die richtigen Lehren.

Dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schon vor seiner Washington-Visite ankündigt, er habe kein Angebot im Gepäck, ist ein Offenbarungseid. Dass Juncker glaubt, den US-Präsidenten allein mit politischen Argumenten überzeugen zu können, ist naiv. Ebenso wirklichkeitsfremd ist die Haltung der französischen Regierung, die Washington erst etwas anbieten will, wenn Trump die Strafzölle auf Stahl und Aluminium zurücknimmt.

Die Europäer müssen in Vorleistung gehen. Sie ringen seit Monaten um eine gemeinsame Antwort. Warum fällt es Brüssel so schwer, Zollsenkungen anzubieten? Damit käme die EU aus der Defensive.