Die Bundesregierung will eine Eskalation des Handelsstreits mit den USA verhindern. Sie macht sich für umfassende Zollsenkungen der Länder stark, in denen es eine bedeutende Autoindustrie gibt.

Berlin - Für die deutsche Wirtschaft steht viel auf dem Spiel: Denn die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle auf importierte Autos würden vor allem Deutschland treffen. Deshalb versucht die Bundesregierung, die nächste Spirale im Handelsstreit mit den USA abzuwenden. Doch mit einer raschen Beilegung des Konflikts ist nicht zu rechnen. Am Mittwoch verhandelt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Trump über die Beilegung des Handelskriegs. Vor dem Besuch dämpfte Juncker selbst die Erwartungen. Der Kommissionspräsident reise ohne ein konkretes Angebot nach Washington, teilte die EU mit. Hinter den Kulissen wird aber an einer Lösung gearbeitet, die sich nach Berliner Einschätzung als tragfähig erweisen könnte.

 

Berlin dringt auf ein Angebot Europas

Die Bundesregierung setzt sich seit Monaten dafür ein, der US-Regierung ein Verhandlungsangebot zu unterbreiten. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) brachte mehrfach die Senkung der Industriezölle und ein abgespecktes Freihandelsabkommen („TTIP light“) ins Gespräch. Doch selbst ein Freihandelsabkommen für Teilbereiche würde Jahre in Anspruch nehmen.

Deshalb verfolgt die Bundesregierung die Strategie, eine pragmatische Lösung für wichtige Branchen wie die Automobilindustrie zu finden. Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte unserer Zeitung, alle Möglichkeiten müssten genutzt werden, um eine Eskalation zu verhindern. Dafür sieht er einen chancenreichen Ansatz: Die Bundesregierung macht sich dafür stark, dass sich Länder mit wichtigen Automobilherstellern und Zulieferern zu wechselseitigen Senkungen der Zollsätze verpflichten. Ein Abkommen, das sich auf Zollsenkungen für einen Sektor bezieht, lasse sich schneller umsetzen, meinen die Befürworter. Dem Abkommen sollen nicht nur auf die USA und Europa beitreten, sondern auch China, Japan und Südkorea. Der Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Lars-Hendrik Röller, führte bereits mit einer Reihe von Ländern Gespräche über den neuen Weg.

Das stößt auch in den Wirtschaftsverbänden auf Zustimmung. Eric Schweitzer, Präsident des Industrie- und Handelskammertages (DIHK), erklärte, Zölle und Gegenzölle verhinderten Arbeitsplätze und Investitionen auf beiden Seiten. Daher sei es wichtig, über geringere Zölle zu sprechen. Eine Möglichkeit dafür sei, andere Auto-Länder in die Vereinbarung einzubeziehen. Ein reines Zollabkommen nur mit den USA greife zu kurz, sagte Schweitzer. So bestünden im transatlantischen Handel viele Handelsbarrieren wie die „Buy-American“-Klauseln in der öffentlichen Auftragsvergabe.

Gespräch von Juncker bringt wohl kaum den Durchbruch

Das Gespräch von Juncker und Trump wird kaum einen Durchbruch bringen, lauten die Einschätzungen in Berliner Regierungskreisen. Im besten Fall könne dabei herauskommen, dass beide Seiten offizielle Verhandlungen zur Beilegung des Streits aufnehmen. In diesem Format könnte beispielsweise über die Senkung der Zollsätze gesprochen werden.

Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), formuliert klare Erwartungen an Junckers Visite: „Das Treffen bietet die Chance zur Deeskalation“, erklärte Mattes. Die deutsche Automobilindustrie wirbt für Lösungen, die den Regeln des internationalen Handels entsprechen. Nach Ansicht des VDA könne ein transatlantisches Abkommen, das Industriezölle umfasst, eine Lösung darstellen. „Zollschranken nutzen niemandem, auch den USA nicht“, so Mattes.

Während die Bundesregierung niedrigere Zollsätze favorisiert, bestehen in anderen europäischen Ländern dagegen Bedenken. So liegt es in erster Linie an Frankreich, dass Juncker ohne konkretes Angebot nach Washington reist. Frankreich sieht sich von den geplanten US-Strafzöllen auf importierte Autos kaum betroffen. Falls es zu allgemeinen Zollsenkungen kommt, befürchtet Paris dagegen einen stärkeren Wettbewerb für französische Hersteller. Europa ist sich zwar einig, dass es den US-Protektionismus ablehnt. Das allein dürfte aber nicht ausreichen.