Mitarbeiter eines konkurrierenden Sicherheitsdienstes sollen die Handgranate auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen geworfen haben. Offenbar ging es um nicht eingehaltene Gebietsabsprachen.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Villingen-Schwenningen - Keine Neonazis, sondern Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes sollen eine Handgranate – mit Sprengstoff, aber ohne Zünder – auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen geworfen haben. Wie der SWR am Donnerstag berichtete, sollten damit Kollegen einer anderen Security-Firma eingeschüchtert werden, die sich nicht an Gebietsabsprachen gehalten hätten. Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehle gegen vier Verdächtige, überwiegend mit osteuropäischem Hintergrund, erlassen. Die Vorgänge in Villingen haben Fragen zur Auswahl der privaten Unternehmen aufgeworfen, die damit betraut wurden, in Flüchtlingslagern für Sicherheit zu sorgen, ohne dabei polizeiliche Gewalt ausüben zu dürfen. Und auch zur Qualität von Mitarbeitern dieser Firmen. Zuständig für die Security in Villingen ist das Regierungspräsidium (RP) Freiburg. Die Behörde musste einräumen, dass es angesichts des Zuzugs zahlreicher Flüchtlinge im Herbst 2015 vor allem darauf angekommen sei, Firmen mit ausreichend Personal zu finden. „Das ist schwierig, wenn man eine Einrichtung innerhalb von 48 Stunden hochfahren muss“, erklärt RP-Sprecher Markus Adler.

 

Den Vorhalt, dass man es unter diesen Umständen nicht so genau genommen hat, weist das Regierungspräsidium aber zurück. „Wir verlangen eine gültige Erlaubnis nach Gewerbeordnung“ betont Adler. „Der Dienstleister verpflichtet sich dem Regierungspräsidium vor Vertragsschluss, aktuelle polizeiliche Führungszeugnisse, die nicht älter als sechs Monate sind, vorzulegen.“ Außerdem finde in den Einrichtungen „ein wöchentlicher Jour fixe des Betreiberunternehmens, des Sicherheitsdienstes und des Regierungspräsidiums statt.“ Sollten konkrete und nachweisbare Hinweise gegen Sicherheitsmitarbeiter vorliegen, könne die Geschäftsleitung aufgefordert werden, ihn auszutauschen.

Dass diese Verträge auch eingehalten wurden, nimmt das Regierungspräsidium an. „Uns ist nichts Gegenteiliges bekannt“, sagt Adler. Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer hat im SWR erklärt, man werde die derzeit entspannte Situation in den Erstaufnahmestellen nutzen und die Verträge mit den Sicherheitsfirmen neu ausschreiben. Dabei solle möglicherweise – so wie es auch das Landesintegrationsministerium erwägt, eine weitergehende Sicherheitsüberprüfung aller Mitarbeiter verlangt werden – die wohl aber nur mit Einverständnis der Betroffenen möglich ist. Eine rechtliche Prüfung stehe noch aus.

Auch die Stadt Freiburg ist dabei, die Aufträge an drei Unternehmen neu auszuschreiben, die derzeit in Flüchtlingsunterkünften engagiert sind. Dabei werde ein Kriterienkatalog angewendet, der sich an einem Vorbild aus Nordrhein-Westfalen orientiert, sagte Stadtsprecherin Edith Lamersdorf. Dieser gehe deutlich über die bisherigen Standards hinaus. So soll ausschließlich Personal des „auftragnehmenden Sicherheitsunternehmens“ und nicht von Subunternehmen beschäftigt werden. Zur Sicherheitsüberprüfung nach den Vorgaben des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes – an der Polizei und Verfassungsschutz mitwirken – soll noch eine Eigenerklärung der Beschäftigten kommen. Diese müssten unterschreiben, dass keine für die Tätigkeit relevanten Vorstrafen vorliegen – zum Beispiel Körperverletzungs-, Betäubungsmittel-, Sexual- und Staatsschutzdelikte. Und auch, dass kein solches Verfahren anhängig ist. Freiburg will darüber hinaus gesichert sehen, dass Securityfirmen ihr Personal in Deeskalationstechniken geschult haben.

So wie das RP verlangt die Stadt eine Entlohnung nach dem tariflichen Mindestlohn. Der liegt bei 9,74 Euro die Stunde. „In der Regel arbeiteten die Mitarbeiter aber mehr als 200 Stunden im Monat, um nicht auf aufstockende Sozialleistungen angewiesen zu sein“, sagte Eva Schmidt, die Fachbereichsleiterin besondere Dienstleistungen der Gewerkschaft Verdi in Stuttgart. Nur mit höheren Löhnen werde qualifiziertes Personal zu finden sein.