Handgranatenwurf in Altbach Die Todesangst des Sanitäters
Am Stuttgarter Landgericht beginnt der dritte Prozess rund um den Handgranatenwurf von Altbach. Dieses Mal geht es um Bedrohungen der Rettungskräfte.
Am Stuttgarter Landgericht beginnt der dritte Prozess rund um den Handgranatenwurf von Altbach. Dieses Mal geht es um Bedrohungen der Rettungskräfte.
Ein Satz aus der Anklage gegen drei junge Männer am Stuttgarter Landgericht klingt fast beiläufig inmitten der vielen Brutalitäten, die zur Sprache kommen. „Er hatte Todesangst“, trägt die Staatsanwältin vor. Er, das ist der Sanitäter, der es endlich geschafft hat, den zusammengeschlagenen Handgranatenwerfer von Altbach in den Rettungswagen zu holen. Der habe „am Boden gelegen und nur noch geröchelt“. Die Angreifer klopfen gegen den Wagen und bedrohen die Rettungskräfte: „Wenn ihr dem Bastard helft, bringen wir euch um.“
Drei Männer sitzen im Saal 6 des Landgerichts, mehr Polizeibeamte als Publikum im Zuschauerraum. Es ist der dritte Prozess rund um den Handgranatenwurf von Altbach im Juni 2023. Der Handgranatenwerfer wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er hatte eingeräumt, den Anschlag auf eine Beerdigung verübt zu haben. Die Granate prallte gegen einen Baum, daher wurde ein größeres Blutbad verhindert. Vergangene Woche wurden fünf Männer zu Jugendstrafen wegen versuchten Totschlags verurteilt, die den Werfer zusammengeschlagen haben sollen.
Bei dieser Attacke sollen auch die drei Männer mit dabei gewesen sein, die nun vor Gericht stehen. Einem von ihnen wird ebenfalls versuchter Totschlag vorgeworfen, den anderen beiden gefährliche Körperverletzung. Hinzu kommen Beleidigungen gegen Beamte, Waffenbesitz, und die Behinderung des Einsatzes. Die Beerdigung wurde zum Austragungsort des Bandenkonfliktes, der sich seit knapp zwei Jahren in einer Gewaltserie in der Region manifestiert. Auf dem Friedhof trauerten neben Angehörigen und Freunden die jungen Männer der Gruppierung Ludwigsburg-Esslingen-Plochingen um einen 20-Jährigen. Auch er soll zu der multiethnischen Gruppierung gehört haben, die mit den jungen Männern aus Stuttgart- Zuffenhausen-Göppingen im Clinch liegt.
Etwa 30 Personen aus der Trauergruppe seien nach dem Granatenwurf auf den Werfer losgegangen. Er wurde übel zugerichtet, „Blut quoll aus seinem Mund“, das Bewusstsein hatte er verloren, las die Staatsanwältin vor. Beim Aufheulen von Sirenen sei die Menge zurückgewichen. Aber als sie sahen, dass es der Rettungswagen war, kehrten etwa zehn wieder um. „Verpisst Euch, wir bringen den Bastard um“, soll einer der Männer gerufen haben. Die Rettungskräfte seien geflüchtet, erst als eine Polizeistreife kam, hätten sie den Schwerverletzten in den Wagen holen können. Dem Beamten sei es nur mit gezogener Dienstwaffe und der Androhung von Pfefferspray gelungen, die Angreifer halbwegs in Schach zu halten, bevor weitere Verstärkung kam. Auch mit dem Verletzten im Wagen hätten sie noch bangen müssen und sich nicht direkt seiner Versorgung widmen können. Ein Angeklagter habe gegen die Seitenwand geschlagen, der andere sei hinten aufs Trittbrett gestiegen, habe dem Sanitäter in die Augen geschaut und mit den Händen eine Pistole geformt und auf ihn gezielt. An dieser Stelle fällt in der Anklage der Satz mit der Todesangst.
Selbst auf dem Parkplatz, auf dem nahe dem Friedhof der Rettungshubschrauber landete, um den Verletzten ins Krankenhaus zu fliegen, habe es noch keine Ruhe gegeben. Die Polizei erkannte einen der Männer wieder, schildert die Anklage. Der habe die Beamten beleidigt und geschrien: „Ihr Hohlköpfe habt schon sechs mal meinen Ausweis gehabt.“
Das Verfahren wird am Freitag, 26. April, fortgesetzt. Die Parteien wollen bei diesem Termin Gespräche über eine mögliche Verständigung führen, kündigten sie am ersten Verhandlungstag an.