Die Bildungsakademie der Handwerkskammer in Weilimdorf und der Künstlerbund Stuttgart laden zu einer Kunstschau ein.

Weilimdorf - Es war eine Premiere. Und was für eine! Größer jedenfalls hätte die Resonanz auf die erstmalige Zusammenarbeit von Künstlerbund und Handwerker-Akademie kaum sein können. Kein kleiner, geschlossener Zirkel Eingeweihter, sondern Publikum en gros: 350 allein an fix angemeldeten Vernissagen-Besuchern! So bekommt die Kunst hier also nicht nur einen großen Auftritt auf den weitläufigen Galerien der drei Etagen, sondern schon mit der Eröffnung das, wonach sie sich so sehnt: Aufmerksamkeit in Hülle und Fülle.

 

Entsprechend das aufkommende Kribbeln, das Akademiechef Bernd Stockburger eingangs bei einem Ereignis bekannte, bei dem „das Handwerk seine Fühler zur Kunst ausstreckt“. Und im Gegensatz zur gängigen Ansicht, dass Handwerk und Kunst zwei einander weltenfern fremde Bezirke seien, sah Bernd Stockburger „enge Verzahnungen und eine befruchtende Symbiose“. Die Ausstellung solle so nebenbei das Handwerk „animieren, seine technischen mit seinen gestalterischen Fähigkeiten zu verbinden“.

Längerfristige Zusammenarbeit

Ein Gedanke, den Richard Böhmer als Vorsitzender des Stuttgarter Künstlerbundes dann aber bei der Eröffnung nicht aufgriff. Er zeigte sich vor allem dankbar dafür, dass die Bildungsakademie der Handwerkskammer Region Stuttgart den Mitgliedern des Künstlerbundes „diese Ausstellung ermöglicht hat“. Und Fortsetzung folgt. Schon im Spätherbst, denn diese Zusammenarbeit ist längerfristig angelegt.

Bleibt also die Frage, wie sich denn die Kunst macht in der für sie neuen Örtlichkeit – und welcher Art das zur Schau Gebrachte ist. Um es vorweg zu sagen: Die Kunst tut sich nicht leicht vor dem harten Fugenraster der weißgrauen Kalksandsteinwände. Und auf den ersten Blick wirken die rund 130 Werke nicht zwingend so, als wollten sie dem visuellen Rüttelsieb des direkten Hintergrundes etwas Energisches entgegen setzen. Ja, fast wirkt es, als drohte die Kunst durchs geometrische Raster zu fallen. Eine Wirkung die verstärkt wird durch eine Hängung, die einzig dem beliebigen Titel „Bunte Vielfalt“ folgt. Mit einer Ausnahme: die plastischen Arbeiten, die im Oberen Foyer zusammengefasst sind.

Vielfalt durch dichtes Nebeneinander

Vielfalt wird hier durch dichtes Nebeneinander sprechend, lädt zur vergleichenden Betrachtung. Und siehe: jeder Werkkomplex kann so eigenen Charme, eigene Kraft entfalten. Sanft stilisierte Holzskulpturen von Peter Sonder, freie Holzskulpturen von überraschend geschmeidiger Rundung des Materials von Werner Zaerpernick neben Holzobjekten von Siegfried Schreiber, die zum einen mit Masse, zum anderen mit tänzerischer Leichtigkeit an einer Transzendenz des Materials arbeiten. Korrespondierend dazu die Drahtplastiken von Edda Messner mit ihrer Spannung aus Dichte und Transparenz sowie einer faszinierend komplexen, wohl zeichnerisch gedachten „Linearität“.

Völlig verschenkt wurde leider das Naheliegendste, nämlich in ähnlicher Weise den Bereich künstlerische Fotografie kompakt zu präsentieren. Denn in diesem Genre zeigen sich ein halbes Dutzend ganz unterschiedlicher, durchaus reizvoller Ansätze, die man sich hier aber über drei Etagen zusammensuchen muss. Tendenzen sonst? Wenig direkt Zeitgenössisches, kaum Gewagtes oder Irritierendes. Dankbar nimmt man den Hauch von Underground auf, den Peter Geisselmeier mit seinen grellen, comic-haften, teils ins Dreidimensionale strebenden Arbeiten im Untergeschoss beschert. So witzig wie die rustikalen Relief-Prismen aus bemaltem Holz von Karlheinz Stocklas, an denen man mit kindlicher Lust drehen darf. Das Banale ist hier ein leichthändiger Spaß.

Insgesamt dominiert in den Arbeiten der 30 ausstellenden Künstlerinnen und Künstler Malerei, die sich als nachhaltige Auseinandersetzung mit der Moderne in ihren diversen Ausprägungen zeigt. Als malerische Exkursionen in die Reiche von Farbe, Form und Abstraktion in ganz unterschiedlichen Herangehensweisen. Mal analytisch kühl wie Farbfeldmalerei, mal als expressive gestische Ausdruckskunst, mal als glühende Farbexplosion oder bohrende Farberkundung, mal als eher stille, vielschichtige Metamorphose. Hier die Preziosen zu entdecken, das ist für den Betrachter der wahre Reiz beim Durchgang durch die drei Etagen.

Info Die Ausstellung in der Bildungsakademie in Weilimdorf, Holderäckerstraße 37, ist bis zum 31. Oktober zu sehen. Geöffnet ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr. Weitere Infos unter der Telefonnummer 165 76 00.