Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)
Die Landesregierung droht nicht nur mit Fahrverboten. Sie hat auch das Amt eines Technologiebeauftragten geschaffen.
Der Technologiebeauftragte ist ernannt. Wir hatten bis jetzt noch kein Gespräch mit ihm, obwohl wir natürlich sofort die Bereitschaft zu einem Gespräch signalisiert haben, mit der Bitte um kurzfristige Realisierung. Es steht nun für nächste Woche auf dem Plan. Es ist auch an der Zeit, dass man so langsam in die Gänge kommt.
Der Technologiebeauftragte wird sich ja sicher auch um Themen wie Industrie 4.0 kümmern. Es gibt ja Untersuchungen nach denen die kleinen und mittleren Unternehmen da hinterherhinken. Ist das beim Handwerk auch so?
Ich rede ungern von Industrie 4.0. Ich rede viel lieber von Wirtschaft 4.0, denn wir sind alle davon betroffen. Ich glaube nicht, dass das Handwerk hinterherhinkt, ganz im Gegenteil. Wir nutzen digitale Medien schon seit langem, haben aber vielleicht vergessen zu sagen, was wir alles schon machen.
Geht das über reine Büroarbeit hinaus?
Ja. Ein Beispiel: ein Handwerker kommt an eine Steuerung, etwa für eine Heizung, und muss dort die Programmierung verändern. Früher hat er sich über Handbücher informiert. Heute steht auf dem Bauteil ein Code, er fotografiert den ab, geht mobil ins Internet und bekommt seine Daten geliefert. Wir brauchen aber vor Ort auch einen Zugang zu einem schnellen Internet, sonst nützt die ganze Technologie nichts. Wir brauchen eine flächendeckende Breitbandverkabelung in Glasfasertechnik und ein Mobilfunknetz, das den Namen auch verdient. Nicht so wie heute, wo das Gespräch selbst in der Region Stuttgart dreimal abbricht, weil ich in ein Funkloch gerate.
Kann die Digitalisierung Arbeit erleichtern? Kann der Bäcker nachts vom Bett aus seine Backofen steuern statt um vier Uhr in der Backstube stehen zu müssen?
Den Backofen kann er schon lange vom Bett aus steuern. Allerdings möchte der Kunde auch frische Brötchen, nicht irgendwelche aufgebackenen Rohlinge. Der Bäcker wird also schon weiter in die Backstube müssen.
Was ist denn bei der Digitalisierung die größte Herausforderung für das Handwerk?
Die junge Generation ist mit dem Smartphone aufgewachsen und die spielerische Nutzung des Smartphones wird absolut beherrscht. Jetzt müssen wir schauen, wie wir dieses Wissen in unsere Betriebe einbinden. Und wir müssen dafür sorgen, dass wir die Mitarbeiter mitnehmen, die zwar Berufserfahrung haben, aber mit dem Smartphone nicht zurrechtkommen. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Inhaber und für den Geschäftsführer eines Betriebs.
Nach den Plänen der baden-württembergischen Kultusministerin soll IT-Unterricht erst mal an den Gymnasien eingeführt werden. Dort sind aber nicht unbedingt die Schüler, die später ins Handwerk gehen.
Ich hoffe natürlich, dass der eine oder andere auch ins Handwerk geht. Insgesamt ist dies aber ein völlig falscher Ansatz. Die Auszubildenden im Handwerk kommen in erster Linie aus Werkrealschulen, aus Gemeinschaftsschulen und aus Realschulen. Damit, dass es IT-Unterricht zunächst nur an Gymnasien gibt, wollen und können wir nicht leben. Wir können mit dem Thema Digitalisierung nicht umgehen, als wäre dies eine Sache, die sich über die nächsten 20 Jahre hinzieht. Die Halbwertszeit bei digitalen Themen ist ein Jahr oder weniger. Wir müssen also auch bei der Ausstattung der Schulen deutlich schneller werden. Es fehlt an Geräten, es fehlt an Lehrern.
Kann die Digitalisierung helfen, den Mangel an Fachkräften zu vermindern?
Es gibt sicher Arbeitsschritte, die wir vereinfachen können. Ein Zimmerman kann seinen Datensatz aus der Planung des Architekten übernehmen er wird dann über eine CNC-gesteuerte Maschine seine Zuschnitte machen. Es wird eindeutig so sein, dass die Berufe für junge Menschen interessanter werden. Sie sehen, wie innovativ und modern das Handwerk sein kann.