Wer beim Telefonieren während einer Autofahrt erwischt wird, für den wird’s teuer: Es drohen 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Doch wie ist die Rechtslage, wenn mit dem Handy fotografiert wird oder der Fahrer es als Navigationsgerät nutzt?

Stuttgart - Telefonieren im Auto bei laufendem Motor ohne Freisprecheinrichtung kann teuer werden. Seit 2017 werden Autofahrer mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg bestraft. Wer beim Fahren auf dem Rad beim Telefonieren oder Tippen erwischt wird, zahlt 55 Euro. Das Verbot gilt laut Straßenverkehrsordnung (StVO) sowohl für das Telefonieren als auch für das Schreiben von Textnachrichten. Auch das Surfen im Internet oder das Nutzen anderer Funktionen ist verboten.

 

Eine Langzeitstudie aus den USA beweist stichhaltig: Wer am Steuer seines Autos mit seinem Smartphone hantiert, der hat ein dreifach erhöhtes Risiko zu verunglücken. Die Forscher an der Universität Virginia haben in der aufwendigen Studie 3500 das Fahrverhalten von Autofahrern über einen Zeitraum von drei Jahren analysiert und dabei Fahrtenschreiber, Tonbänder und Videoaufnahmen von 56 Millionen Kilometern ausgewertet. Für das Bundesministerium für Verkehr wäre die Forschung nicht nötig gewesen: Es hat schon vor Jahren das Hantieren mit dem Mobiltelefon am Steuer unter Strafe gestellt.

Doch Smartphones bieten eine Fülle von Möglichkeiten. Was darf man und was sollte man tunlichst bleiben lassen? Wir klären über Irrtümer auf:

Darf beim Autofahren die Freisprechfunktion benutzt werden?

Das kommt darauf an: Wurde die Sprechfunktion noch vor Fahrtbeginn angeschaltet und befindet sich das Handy in einer Halterung, stimmt diese Aussage. Aber nimmt ein Autofahrer während der Fahrt sein Handy in die Hand, um die Sprechfunktion zu nutzen – sei es im Rahmen eines Telefonats oder eines Diktats – , zieht dies eine Strafe nach sich. So hat das Amtsgericht Landstuhl entschieden (AmG Landstuhl, 2 OWi 4286 Js 1076/15). In dem konkreten Fall hatte der Autofahrer während einer Fahrt sein Mobiltelefon mit der Hand vors Gesicht gehalten und es über die Lautsprecherfunktion genutzt. Ein Polizeibeamter hatte ihn beobachtet. Das Gericht ging von einer „verbotenen Nutzung“ des Mobiltelefons aus.

Darf man an der roten Ampel telefonieren?

Nicht unbedingt: Steht ein Autofahrer an einer Ampel wegen Rotlichts und ist der Motor seines Fahrzeugs automatisch ausgegangen, weil er mit einer sogenannten Eco-Start-Stopp-Funktion ausgestattet ist, so muss er ein Bußgeld und den dazugehörigen Punkt nicht akzeptieren. Das Verbot, ein Mobiltelefon zu benutzen, gelte nicht, so das Oberlandesgericht Hamm, „wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist“. Ob er manuell mit Betätigen des Zündschlüssels ausgeschaltet wird oder per „Start-Stopp-Funktion“, sei unerheblich. Es solle insbesondere gewährleistet werden, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen. Stehe das Fahrzeug und sei der Motor nicht in Betrieb, fielen solche Fahraufgaben eben nicht an (OLG Hamm, 1 RBs 1/14).

Darf man das Handy als Navigationsgerät benutzen?

Auch in diesem Fall kommt es darauf an, ob das Handy schon vor Fahrtbeginn als Navigationshilfe eingeschaltet wurde. Dann ist es aus verkehrsrechtlicher Sicht kein Problem. Nimmt aber ein Autofahrer sein Smartphone in die Hand, um mit Hilfe der Navigation im Gerät eine Reparatur-werkstatt anzusteuern – und sei dies auch nur für mehrere Sekunden –, so muss auch er das Bußgeld zahlen sowie einen Punkt im Flensburger Fahreignungsregister hinnehmen. Es sei „jede Benutzung untersagt, die in einer bestimmungsgemäßen Bedienung des Geräts“ liege. Dazu zählten auch das Benutzen des Navis oder das Surfen im Internet (OLG Hamm, 1 RBs 232/14).

Darf ich das Handy an den Beifahrer weiterreichen?

Schaut der Autofahrer beim Weiterreichen eines klingelnden Smartphones nicht auf das Display, ist das laut Straßenverkehrsordnung kein Problem. Das Oberlandesgericht Köln sieht dabei keine Nutzung im Sinne des § 23 Abs. 1 a StVO. Der Fall sei letztlich nicht anders zu beurteilen als das Weiterreichen eines beliebigen Gegenstands im Fahrzeug (AZ III-1 RBs 284/14).

Darf ich am Steuer mit dem Smartphone fotografieren?

Der Hintermann drängelt, lässt die Lichthupe mehrmals aufleuchten oder schneidet einen beim Überholen? Aus Wut greift so mancher Autofahrer zum Handy, um das Kennzeichen des Verkehrsrowdys zu fotografieren – und begeht selbst einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Denn auch fotografieren darf man während der Fahrt nicht. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg entschieden (3 Ss 155/15 OWi).

Darf ich einen Anruf wegdrücken?

Dass man Anrufe während einer Autofahrt erhält, ist kaum zu verhindern. Doch besser ist es, das Smartphone weiterklingeln zu lassen, bis der Anrufer von selbst aufgibt. Das Wegdrücken eines eingehenden Anrufs sollten Autofahrer tunlichst unterlassen: Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln gilt das bereits als eine verbotene Nutzung des Handys (AZ: III-1 RBs 39/12). Gleiches gilt, wenn man ein aufblinkendes Handy in die Hand nimmt, um es zur Seite zu legen – und dabei kurz auf das Display schaut. (AmG Lüdinghausen, 19 OWi – 89 Js 86/14 – 14/14).

Zahlt die Versicherung bei einem Unfall, wenn ein Smartphone im Spiel war?

Wenn ein Autofahrer mit dem Handy am Steuer einen Unfall verursacht, zahlt zwar die Haftpflichtversicherung den Schaden anderer Unfallbeteiligter. Aber bei der Kaskoversicherung kann es passieren, dass der Fahrer auf seinem eigenen Schaden sitzenbleibt, warnt die Stiftung Warentest. Es ist eine Frage des Tarifs, so die Warentester: Bei einigen Tarifen zahlt die Versicherung auch bei grober Fahrlässigkeit, einige Angebote schränken diesen Schutz aber ein, wenn es sich dabei um einen Verstoß gegen das Handyverbot am Steuer handelt.

Ist telefonieren erlaubt, wenn ich anhalte?

Ja und nein. Tatsächlich gilt: Ob im Stau oder auf dem Parkplatz – steht das Auto und ist der Motor aus, darf der Fahrer alle Funktionen des Handys nutzen. Ein Sonderfall ist das Anhalten auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße, warnt die Stiftung Warentest. „Der Fahrer verstößt dabei nämlich nicht nur gegen das Handyverbot, sondern auch gegen das Verbot des Haltens auf dem Standstreifen nach §18 Absatz 8 der StVO.“ Den dürfen Fahrer nämlich nur bei einem technischen Defekt oder in sonstigen Notfällen benutzen.

Ist ein iPod oder Tablet am Steuer verboten?

Ein iPod ist kein Telefon, sondern nach Auffassung der Richter ein „tragbares digitales Medienabspielgerät“. Zwar kann man mit einem iPod durchaus auch telefonieren, wenn er über eine entsprechende App und eine WLAN-Verbindung verfügt. Doch das spielt bei der Rechtsprechung keine Rolle. Bei dem Urteil des Amtsgerichts Waldbröl (44 OWi 225 Js 1055/14 – 121/14) zeigt sich diese Widersprüchlichkeit der Straßenverkehrsordnung: Hier störte es die Richter offenbar nicht, dass der Fahrer beim Herumspielen am iPod ebenso vom Verkehr abgelenkt war, als hätte er mit einem Handy telefoniert. Für sie zählte nur das Gesetz, nachdem nur das Telefonieren am Steuer ohne Freisprechanlage verboten ist.