In mehreren Kirchen im Strohgäu werden alte Handys gesammelt. Deren wertvolles Innenleben wird recycelt – eine Reaktion auf eine problematische Produktion.

Strohgäu - Alle paar Jahre ist ein Phänomen zu beobachten: Weltweit reihen sich Menschen in lange Schlangen ein – um das neuste iPhone-Modell zu ergattern. Das alte, meist noch vollkommen funktionsfähige Gerät wird verkauft, entsorgt oder landet in der Schublade. Die Halbwertszeit von elektronischen Geräten ist kurz, zumindest wenn es nach dem Gefühl der Nutzer geht.

 

Macht nichts, könnte man meinen, wenn bei der Herstellung nicht Rohstoffe benötigt würden, deren Abbau mit Gewalt, Konflikten und fragwürdigen Arbeitsbedingungen verbunden ist. Tantal, Zinn, aber auch Gold gehören zu sogenannten Konfliktmineralien, die zumindest teilweise unter solchen Bedingungen gefördert werden. Eine Möglichkeit, den Bedarf an Rohstoffen zu senken, ist Recycling. Da setzt auch die Handy-Aktion an, an der sich eine Reihe von Kirchen im Strohgäu beteiligen. Im landesweiten Projekt, hinter dem mehrere kirchliche Träger und Nichtregierungsorganisationen stehen, werden alte Handys gesammelt, recycelt, oder aufbereitet und verkauft. Der Kooperationspartner Telekom nutzt das erwirtschaftete Geld, um soziale Projekte zu fördern.

Ein lukratives Geschäft

Eine Reihe von Kirchengemeinden in der Seelsorgeeinheit Strohgäu hat in Gotteshäusern in Münchingen, Hemmingen und Schwieberdingen Sammelboxen aufgestellt. Auch in Korntal und Möglingen ist die Aktion geplant. Die Idee dazu hatte die Jugendreferentin Luise Schadt. Noch mindestens bis zum neuen Jahr haben die Kirchgänger Zeit, alte Handys abzugeben.

Dass sich aus der Problematik der Altgeräte ein lukratives Geschäft machen lässt, haben viele Firmen mittlerweile erkannt, und einige spenden den Erlös für den guten Zweck. Neben der Telekom setzen auch andere Unternehmen auf Spenden an Hilfsprojekte, um an Althandys zu gelangen. O2 spendet an den Naturschutzbund Nabu, Vodafone lässt nicht näher benannte „gemeinnützige Organisationen“ an den Recycling-Erlösen teilhaben.

Kunden können die Herstellung kaum nachvollziehen

Grundsätzlich positiv findet Vincent Neussl die Sammelaktionen. Der Länderreferent für die Demokratische Republik Kongo beim Hilfswerk Misereor plädiert für nachhaltiges Wirtschaften – und für Recycling, „wenn es hier passiert und nicht als Elektroschrott zurück nach Afrika geht“. Neussl kennt sich aus mit der Problematik, die mit dem Abbau von Rohstoffen wie Coltan, Zinn oder Cobalt verbunden ist. Solche Stoffe werden für diverse elektronische Geräte benötigt – das macht sie lukrativ für jene, die mit ihnen handeln.

In einigen Ländern finanzieren Kriegsparteien damit ihre Konflikte – bekannt geworden ist das Beispiel der Demokratischen Republik Kongo, wo diverse Mineralien den Konflikt gleichermaßen anheizen und finanzieren. Das Land verfügt über große Coltan-Vorkommen. Das daraus hergestellte Tantal steckt in jedem Handy. Für Kunden ist es kaum möglich, die Herstellungsbedingungen der Geräte nachzuvollziehen. Apple hat deshalb angekündigt, seine Rohstoffe nur noch aus Minen zu beziehen, die nicht mit einem bewaffneten Konflikt zusammenhängen. Auch Motorola hat sich dem konfliktsensiblen Bezug von Coltan aus dem Kongo verschrieben. Wer wirklich sichergehen will, mit seinem Handy nicht Konflikte zu befeuern oder sich an menschenunwürdigen Bedingungen zu beteiligen, hat eine einfache Möglichkeit: Er kann sein Handy länger nutzen.