Mitbringen erlaubt, chatten verboten – für die Nutzung von Handys haben die meisten Schulen im Rems-Murr-Kreis ähnliche Regelungen. Ein Überblick.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Waiblingen - Den Umgang mit Handys regelt jede Schule selbst. Die neue Regelung in Frankreich sei im Rems-Murr-Kreis „gar kein Thema“ gewesen, sagt Roland Jeck, der stellvertretende Leiter des Backnanger Schulamts. „Anstatt Handys schlicht abzulehnen, gehen viele Schulen sehr offensiv damit um und sensibilisieren ihre Schüler für einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Smartphone. Schließlich kann das Gerät im Schulalltag durchaus hilfreich sein“, berichtet er.

 

Diese Einschätzung bestätigt unter anderem der Schulleiter der Albertville-Realschule in Winnenden, Sven Kubick. Er sieht in einem strengen Verbot wie in Frankreich keine Lösung. Seine Schüler können ihre Smartphones mitbringen, die Geräte dürfen den Schulalltag aber nicht stören. „Wir sind auch durch den Amoklauf 2009 geprägt – damals hat es vielen Menschen das Leben gerettet, dass die Schüler mit ihren Handys schnell Notrufe absetzen konnten“, erinnert Kubick. Allerdings: „Wenn das Handy unkontrolliert genutzt wird, ist das ein großes Problem.“ So sei die Schule häufig mit Zwischenfällen wie etwa Cybermobbing konfrontiert, die sich außerhalb des Unterrichts, in der Freizeit der Schüler ereignen. „Es ist ganz zentral, die Eltern darüber zu informieren – auch präventiv in Infoveranstaltungen – und bei harten Verstößen die Polizei einzuschalten“, betont der Schulleiter.

Abschaltkompetenz trainieren

Denn beim Mobbing über soziale Netzwerke nehmen Schamgefühl und Hilflosigkeit der Betroffenen zu, erklärt Ralf Nentwich vom Kreismedienzentrum Rems-Murr. Erstens würden online mehr Personen Zeugen der Attacken, zweitens könnten Inhalte im Internet nie vollständig gelöscht werden, weil sie sich unkontrolliert verbreiten, und drittens gebe es für die Opfer keinen Schutzraum mehr – online ist man rund um die Uhr überall erreichbar.

„An jeder Schule im Rems-Murr-Kreis ist die Gewaltprävention fester Bestandteil jedes Schulcurriculums“, so Nentwich. Experten des Kreismedienzentrums unterstützen die Schulen mit Workshops zum Thema Cybermobbing.

Denn Handyregeln seien besser als Handyverbote, betont Nentwich. „Schüler sehen die Schule ansonsten als ‚Paralleluniversum’ in dem es manche gesellschaftlichen Realitäten nicht gibt“, erklärt er. Deshalb sollte die Schule den produktiven Umgang mit dem Handy und eine gewisse „Abschaltkompetenz“ thematisieren.

Wenige Grundschüler mit Handys

Ähnlich sieht das die Schulleiterin der Gesamtschule Rainbrunnen in Schorndorf, Karola Gross: „Als Ganztagsschule ist das Handy bei uns nicht wegzudenken.“ Es sei der Wunsch vieler Eltern, dass die Kinder nach dem Schultag erreichbar sind oder sich bei unvorhergesehenen Situationen schnell telefonisch melden können. Deshalb gibt es an der Rainbrunnenschule eine ausführliche Handyregelung, wonach das Handy vormittags ausgeschaltet im Schulranzen bleibt und nur in der Mittagspause auf dem Schulhof genutzt werden darf – von Schülern der Sekundarstufe.

Die Jugendlichen werden zudem in Medienkompetenz geschult – genau wie an der Helmut von Kügelgen-Schule in Fellbach. „Wir sind keine rigorosen Handyfeinde“, betont Eleni Tsakiridou, die im Sekretariat der Waldorfschule arbeitet. „Aber im Schulalltag lenkt das Smartphone einfach ab.“ Bei der Privatschule herrscht daher ein Handyverbot auf dem gesamten Schulgelände. Schüler dürfen ihre Geräte zwar in der Schultasche haben, diese müssen aber auf lautlos gestellt sein. Im Unterricht kommen sie nicht zum Einsatz, „dafür haben wir Laptops“, sagt Tsakiridou. Muss ein Schüler seine Eltern erreichen, kann er das über das Schulsekretariat tun.

„Handys sind bei uns gar kein Thema“, heißt es an den meisten Grundschulen. „Handyuhren, über die die Eltern ihre Kinder anrufen können, sind eher ein Problem“, sagt eine Backnanger Schulleiterin. Diese Geräte seien im Schulalltag nicht erwünscht und müssten im Ranzen bleiben.

Wie sieht die Gesetzeslage aus?

Frankreich
hat Ende Juli ein erweitertes Handyverbot in Schulen beschlossen. Das Gesetz verbietet nun grundsätzlich das Nutzen von Mobiltelefonen in allen Vor- und Grundschulen sowie in der Sekundarstufe I. Die Hausordnung kann jedoch Ausnahmen gestatten. Schon zuvor durften französische Schüler ihre Handys während des Unterrichts nicht benutzen.

Baden-Württemberg
will die Schule nicht zur absoluten Tabuzone für Handys erklären. Schulen können Regeln zur Handynutzung auf dem Schulgelände entwickeln und bestimmen, dass Handys im Unterricht ausgeschaltet sein müssen.

Medienbildung
im Sinne eines bewussten Umgangs mit dem Handy hält die Kultusministerin Susanne Eisenmann für sinnvoller als ein generelles Verbot. dpa