Ein generelles Handyverbot wie an Frankreichs Schulen? In Stuttgart regeln die Schulen das über ihre Schulordnungen selbst – und das sehr deutlich. Von Cybermobbing sind aber viele Schüler betroffen.

Stuttgart - Ein Schüler ohne Handy ist so selten wie ein Sechser im Lotto: 97 Prozent der Jugendlichen sind im Besitz eines Taschentelefons. Das ergab die jüngste Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest, der ein Mal im Jahr über den Umgang Jugendlicher zwischen zwölf und 19 Jahren mit Medien berichtet, zuletzt im Dezember 2017.

 

Die Schulen stellt die Erfindung der smarten Kommunikation vor Probleme, im schlimmsten Fall wegen Ärgers und Zwietracht bei Mobbing, im günstigsten Fall wegen Aufmerksamkeitsdefiziten, wenn unter der Bank gedaddelt wird. Und doch setzt die Schulaufsichtsbehörde in Stuttgart nicht auf Erlasse. Welche Regelung getroffen wird, ist Entscheidung jeder einzelnen Schule und Schulgemeinde. „Es gibt Schulen, die rigide Regeln aufstellen gegen Handys, andere verbieten Handys weniger rigoros, weil die Einhaltung eben sehr schwer zu kontrollieren ist“, sagt Manfred Rittershofer vom Staatlichen Schulamt Stuttgart. Das Problem sei inzwischen selbst bei den Grundschulen angekommen: „Auch die schleppen Smartphones mit sich rum, meist allerdings auf Wunsch der Eltern, die glauben, sie müssten ihre Kinder immer erreichen können oder umgekehrt.“

Ein generelles Handyverbot ist schwer zu kontrollieren

Die Bildungseinrichtungen in Frankreich müssen sich jetzt einem Handyverbot an Schulen beugen, das am Montag vom französischen Parlament beschlossen worden ist. Den Stuttgarter Schulen droht dies nicht, zumal Schulen Landessache sind und sich Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag klar gegen ein Verbot ausgesprochen hat. Sie plädiert dafür, dass Schulen den pfleglichen Umgang mit Mobiltelefonen weiter selbst regeln.

Weit verbreitet ist die Verankerung der Regeln in der Schulordnung, die von der Schulgemeinde, also Eltern, Lehrern und Schülern, gemeinsam beschlossen wird. Am Zeppelin-Gymnasium beispielsweise heißt es dort: „Alle aufnahme- und wiedergabefähigen Geräte (Speichermedien) sind auf dem gesamten Schulgelände ausgeschaltet in der Tasche mitzuführen. Ausnahmen, zum Beispiel bei Handynutzung zu Unterrichtszwecken oder bei dringenden Telefonaten, sind in Absprache mit und Anwesenheit von der/dem unterrichtenden bzw. Aufsicht führenden Lehrer/in möglich.“

Auch Manfred Rittershofer empfiehlt Schulen, die so etwas noch nicht haben, eine Selbstverpflichtung und die Aufnahme der Regeln in die Schulordnung. Bleibt die Frage nach den Konsequenzen. „Bei Verstößen gegen das Verbot wird das Gerät eingezogen und der Schulleitung übergeben“, gilt beispielsweise am Zeppelin-Gymnasium. „Wird das Handy am Ende des Tages aber nur an die Eltern ausgeliefert, kommt es oft zum Streit“, sagt Rittershofer, „sei es, weil sie dann extra kommen müssen, sei es, weil es ums Prinzip geht, dass Töchter und Söhne um ihr Eigentum gebracht worden sind.“

Bei Klausuren droht eine Sechs

Bei Prüfungen gelten klare Regeln, wie folgend in der Schulordnung des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums: „Bei Klassenarbeiten müssen sie vor der Prüfung beim Lehrer abgegeben werden. Ein Handy während der Arbeit in Reichweite – ob an oder aus – wird als Täuschungsversuch gewertet und mit der Note 6 bestraft.“

Die Zahlen zu Mobbingfällen, auch über Apps, sind laut Jim-Studie auffällig hoch: 20 Prozent der Jugendlichen geben an, dass über sie schon einmal falsche oder beleidigende Inhalte im Internet verbreitet wurden. Im Vergleich dazu ist das Daddeln unterm Tisch die ungefährlichste Folge seit Erfindung der smarten Technologie, vergleichbar mit einem Comic-Heft unterm Schulbuch und geahndet wie früher: mit Strafarbeit, Nachsitzen, schlechterer Note.