Hanna Nagel hat scharfzüngig festgehalten, was sie umtrieb. In Mannheim sind ihre Zeichnungen zu sehen zur Ehe als Gefängnis und Sex mit Angst im Nacken.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Der Kunstbetrieb ist gnadenlos. Die Kunst selbst mag ihrem Wesen nach anarchistisch sein, das System aber ist konservativ und hält klare Hierarchien und Regeln hoch. Eines der unausgesprochenen Gesetze besagt, dass Gemälde die Krönung künstlerischen Schaffens sind – während Zeichnungen und Drucke eher als Beiwerk gelten. Pech für Hanna Nagel. Sie war eine brillante Zeichnerin. Auf ihren Frauenporträts sieht man die feinen Falten der Nylonstrümpfe und ist der Pelzkragen des Mantels so fluffig geraten, dass es einen schon beim Hinschauen kitzelt. Jedes Detail hat Hanna Nagel ausformuliert – aber sie hat eben nur gezeichnet und keine mächtigen Gemälde mit viel Farbe produziert. Deshalb konnte sie nicht berühmt werden.