Die Hanns Martin Schleyer-Stiftung ehrt in Stuttgart zwei große Persönlichkeiten: Altkanzler Helmut Schmidt und den Wirtschaftslenker Helmut Maucher.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Wir sind Zeugen eines bedeutenden Versöhnungsaktes“, sagte Frankreichs früherer Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing am Freitagabend zur Verleihung des Hanns-Martin-Schleyer-Preises 2012 an Helmut Schmidt. Dieser hatte als Bundeskanzler 1977 die Ermordung Schleyers hingenommen, weil er den Terroristen keine Zugeständnisse machen wollte. Heute „verbeugt“ sich Schmidt verbal vor der Entscheidung, ihn auszuzeichnen. „Es rührt mich zutiefst, dass die Familie Schleyer öffentlich ihren Respekt gegenüber meiner damaligen Haltung zum Ausdruck bringt“, sagte der 94-Jährige. „Mir ist sehr klar bewusst, dass ich trotz aller redlichen Bemühungen am Tode Hanns Martin Schleyers mitschuldig bin.“

 

Dass dessen Familie dieses tragische Ende damals mit Macht verhindern wollte, habe er „sehr gut verstanden“. Unter den 250 Ehrengästen im Neuen Schloss waren nicht nur Familienmitglieder wie der Sohn Hanns Eberhard Schleyer – der als Jurymitglied die Auszeichnung von Schmidt vorgeschlagen hatte – und Angehörige weiterer RAF-Opfer wie Corinna Ponto, sondern auch der „Landshut“-Copilot Jürgen Vietor und der damalige GSG9-Kommandeur Ulrich Wegener.

„Ein Geschenk des Himmels“

Schmidt ist mit Giscard d’Estaing, der von 1974 bis 1981 in Paris regiert hat, seit damals eng befreundet. Regelmäßig besuchen sie sich. Insofern fand der Franzose persönliche Worte für den Deutschen, würdigte aber auch die gemeinsame Leistung für die Einigung Europas. Dass ihre Karrieren fast parallel verlaufen seien, „war ein Geschenk des Himmels für unsere Länder, denn wir haben uns immer sehr gut abgestimmt“. Sodann lobte der 87-Jährige den Sozialdemokraten als „großen Kanzler“. Er verkörpere eine moralische Instanz – die „Weisheit in Person“. Sein einziges Laster sei das Rauchen, sagte er über Schmidt, der die eineinhalb Stunden meist in sich gekehrt verfolgte.

Angesichts des Aufeinandertreffens der zwei Staatsmänner musste die gleichzeitige Verleihung des Schleyerpreises 2013 an den früheren Nestlé-Chef Helmut Maucher etwas verblassen. „Mut, Nerven und Gelassenheit“ stünden bei dem Wirtschaftslenker aus dem Allgäu an erster Stelle, sagte dessen Laudator Jürgen Strube. „Und Glaubwürdigkeit“, wie Maucher selbst hinzufügte – „weil doch heute so viel gelogen, betrogen und geschummelt wird“. Dazu passt eine weitere Devise des so weltgewandten wie heimatverbundenen 85-Jährigen: „Tue nichts, was nicht morgen in der Zeitung stehen kann.“