Über Haiti wird er wohl nie aufhören zu schreiben. Aber auch im Rest der Welt kennt sich Hans Christoph Buch ganz gut aus. Jetzt wird der deutsche Schriftsteller 75 Jahre alt.

Berlin - Es gibt kaum eine Weltgegend, in der Hans Christoph Buch nicht schon gewesen wäre. Wenn er nicht gerade zu Hause in Berlin-Charlottenburg weilt, schippert er auf einem Dampfer über den Niger, auf einem Eisbrecher durch die Antarktis oder streift auf den Spuren Emil Noldes durch die Urwälder Neuguineas, wie man in Buchs Büchern nachlesen kann. Am häufigsten aber zieht es den weitgereisten Autor nach Haiti, in die krisengeschüttelte Karibikrepublik, zu der er familiäre Bande hat. Am 13. April 2019 wird der Globetrotter unter Deutschlands Literaten 75.

 

Geboren wurde Buch in Wetzlar, wo sein Vater, ein Jurist, zeitweilig Bürgermeister war. Buch senior wechselte dann in den diplomatischen Dienst und wurde Generalkonsul in Marseille, so verbrachte Buch einige Jugendjahre in Südfrankreich. Auf die literarische Bühne trat er erstmals 1963, als der damals 19-Jährige beim Treffen der Gruppe 47 in Saulgau eine Kurzgeschichte vortragen durfte. „Da wurde ich ziemlich verrissen von Walter Jens und Marcel Reich-Ranicki“, erinnert sich Buch heute noch.

Sirenen im Hintergrund

Mit dem „Literaturpapst“ Reich-Ranicki hat er sich später aber angefreundet, hat lange Jahre Gedichte für dessen „Frankfurter Anthologie“ interpretiert und ihn kurz vor dessen Tod 2013 noch besucht - was er in seiner jetzt erschienenen Essay- und Porträtsammlung „Tunnel über der Spree“ schildert. Sein erstes Buch, die Kurzgeschichtensammlung „Unerhörte Begebenheiten“, hatte er schon bald nach dem Auftritt bei der Gruppe 47 fertiggestellt. Der damalige Berliner Germanistikstudent schrieb es - „mit Schiffssirenen im Hintergrund“ - in den Semesterferien in Kopenhagen, wo sein Vater gerade deutscher Botschafter war.

Sein Romandebüt gab Buch 1984 mit „Die Hochzeit in Port-au-Prince“, gefolgt von „Haiti Chérie“ (1990). Nach Haiti, damals eine finstere Diktatur unter François „Papa Doc“ Duvalier, war er erstmals 1968 gereist. Sein Großvater war Ende des 19. Jahrhunderts nach Haiti ausgewandert, hatte dort eine Apotheke eröffnet und eine Einheimische geheiratet. Sein Vater wurde in Haiti geboren und im nationalsozialistischen Deutschland als „Mischling“ diskriminiert. Haiti ließ Buch nicht mehr los, und er schrieb so oft über das kleine Land, dass ihn der Suhrkamp-Chef Siegfried Unseld (1924-2002) irgendwann einmal fragte: „Wie viel müssen wir Ihnen bezahlen, Herr Buch, damit Sie endlich aufhören, über Tahiti (sic) zu schreiben?“

Antarktis, Kongo und anderswo

Auf Haitis Nachbarinsel Kuba führte Buch seine Leser 2007 mit „Tod in Havanna“, einer Persiflage auf Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“. Mit „Das rollende R der Revolution“ veröffentlichte er 2008 eine Sammlung von Reportagen und Essays zu Lateinamerika, Afrika und Asien. In „Reise um die Welt in acht Nächten“ (2009), der „Parodie eines Abenteuerromans“, nimmt er die Leser mit auf eine literarische Achterbahnfahrt durch Indien, Pakistan, China, die Antarktis, Senegal, Mali, Kongo und Haiti. In „Elf Arten das Eis zu brechen“ (2016) geht es auf dem Eisbrecher „Almirante Irizar“ Richtung Südpol.

Seinen runden Geburtstag feiert Buch im idyllischen Wendland, schon zu Mauerzeiten ein beliebtes Refugium für Westberliner. Und an welche seiner vielen Reisen denkt er besonders ungern zurück? Buch nennt die von marodierenden Milizen heimgesuchte Zentralafrikanische Republik, wo er 2017 hingelangte. Und gibt es eigentlich noch weiße Flecken auf seiner Landkarte? - Ja, im Sommer will Buch zum ersten Mal nach Paraguay, wo ein Kongress zu Ehren des weitgereisten Naturforschers Alexander von Humboldt (1769-1859) stattfinden soll.