Stehende Ovationen für den langjährigen Kantor der Lukasgemeinde in Stuttgart Ost. Hans-Eugen Ekert präsentiert noch einmal die Wucht seiner Musik.

S-Ost -

 

Hans-Eugen Ekert war es schon immer ein Anliegen, alte Musik und weniger bekannte oder vergessene Werke wiederzubeleben. Auch am Sonntag standen Stücke im Mittelpunkt seines Abschiedskonzertes, die selten gespielt werden: das „Te deum“ des Stuttgarter Stiftsorganisten Philipp Friedrich Boeddecker, der „Dialogus: Herr, wende dich und sey mir gnädig“ von Johann Christoph Bach, und die „Missa in labore requies“ von Georg Muffat. Mit dieser Stückauswahl hat der Kantor der Lukas- und der Friedenskirche ein Konzert abgeliefert, das den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Ekert hat sich im wahren Sinn des Wortes mit Pauken und Trompeten verabschiedet. Neben der großen Lukas-Kantorei und dem Lukas-Barockorchester, vor dem Altar, haben Ensembles aus Trompeten, Posaunen, Cornettini und Pauken von den beiden Emporen ins Kirchenschiff herabgespielt. Insgesamt acht Vokalsolisten waren mit von der Partie. Im „Te deum“ schien Hans-Eugen Ekert zwischendurch beinahe zu fliegen, so energiegeladen und voller Freude dirigierte er das Werk für sechs Vokalsolisten, vierstimmigem Chor und Orchester. Johann Christoph Bachs „Dialogus“ zeigt den klagenden, verzweifelten Menschen im Angesicht des Todes, sehr authentisch und empfindsam verkörpert von Sopran, Alt und Tenor. Ihnen gegenüber steht die Vox die, die Stimme Gottes, vom Bass gesungen.

Ekert lässt den Taktstock sinken und hält inne

Berührend und trostvoll hat Ekert das Werk mit seinen Vokalisten interpretiert. Der krönende Abschluss: Georg Muffats „Missa in Labore Requies“ – ein reifes, groß angelegtes Werk, pompös, prachtvoll, eine Festmesse. Eine Festmesse für Hans-Eugen Ekert, der seit 1983, als er von seinem Kirchenmusik- und Musiktherapiestudium aus Wien zurück war und an der Musikhochschule Trossingen ein Aufbaustudium in Kirchenmusik A und Cembalo absolviert hatte, seine Kantorenstelle in der Lukasgemeinde antrat und aus der aus damals zehn betagteren Damen bestehenden Kantorei einen Kirchenchor mit 50 Mitgliedern zwischen 17 und 71 gemacht hat.

Und dann war es vorbei. Ekert ließ den Taktstock sinken und hielt inne. Keiner im Publikum wagte zu klatschen. Langsam drehte sich der Kantor zu den Zuschauern. Dann brach ein Applaus los, der gar nicht mehr aufhören wollte. Der Pfarrer der Lukasgemeinde, Gerd Häußler, kam mit einem Blumenstrauß heran. Ekert umarmte ihn, ebenso die meisten Mitglieder des Orchesters, die Sänger und die Chormitglieder. Ein Mikrofon wurde ihm gereicht: „Danke“, sagte er überwältigt. „Und bleiben Sie behütet!“ Er mache lieber Musik, anstatt zu reden, hat Ekert einmal in einem Gespräch gesagt. An diesem Tag war er sprachlos ob der stehenden Ovationen.

Vom Neckarstrand zur Waterkant

„Der Herr Ekert fehlt schon jetzt“, sagte eine alte Dame beim Hinausgehen zu ihrer Begleitung. Aber vielleicht tröstet es sie ja zu wissen, dass Ekert der Lukaskirche erhalten bleibt. Er wird weiterhin das Lukas-Barockorchester leiten und seine beliebten Orgelreisen anbieten, sogar mit dem Fahrrad. Die nächste geht 2018 durch ganz Deutschland. Reisemotto: Vom Neckarstrand zur Waterkant.