Hans Peter Stihl war über ein Jahrzehnt lang einer der mächtigsten deutschen Wirtschaftsvertreter. Der 90. Geburtstag des Unternehmers wird von einem Trauerfall in der Familie überschattet.

Er machte aus einem schwäbischen Maschinenbauer einen Motorsägen-Hersteller mit Weltrang. Auch im hohen Alter ist Hans Peter Stihl häufig im Betrieb in Waiblingen vor den Toren Stuttgarts anzutreffen. In der nüchtern gestalteten Kantine hat der Firmenpatriach, der die Unternehmensleitung längst abgegeben hat, einen Stammplatz. Am Ostermontag (18.4.) feiert der einst mächtige Chef des Wirtschaftsverbands DIHT seinen 90. Geburtstag.

 

Bodenständig, präzise, bisweilen streng und stets aufs Geschäft bedacht: Stihl verkörpert für viele den erfolgreichen Familienunternehmer schlechthin. „Mein hauptsächliches Hobby ist natürlich die Firma“, bekannte der studierte Ingenieur einmal.

Als Stihl vor über 60 Jahren in das väterliche Unternehmen einstieg, ging es dort bescheiden zu. Er zog in das Büro seiner Schwester Eva, weil es keinen anderen Platz gab. Diese aus der Not geborene Bürogemeinschaft hielt dann über Jahrzehnte. Eva Mayr-Stihl, die lange wichtige Aufgaben wie die Finanzen und das Controlling inne hatte, starb am Samstag im Alter von 87 Jahren. Das Tagesgeschäft hat die Familie schon vor zwanzig Jahren an Manager übergeben. Beirat und Aufsichtsrat werden jedoch von Stihls Sohn Nikolas geführt.

„Motorsägen sind ja kein Allerweltsprodukt“

Das Kernprodukt der Firma, die Motorsäge, stinkt und knattert - und ist laut. „Die Säge muss zum Baum - und nicht umgekehrt“, lautete ein Leitsatz von Stihls Vater Andreas, der den Maschinenbauer vor fast einem Jahrhundert gründete.

Hans Peter Stihl internationalisierte das Unternehmen, machte es zum Weltmarktführer mit Werken in Europa, Asien und Südamerika. Im vorvergangenen Jahr setzte die Gruppe rund 4,6 Milliarden Euro um und beschäftigte rund 18 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - Zahlen für das vergangene Jahr gibt es noch nicht. Zum Gewinn schweigt man sich ohnehin aus - da ist der Hersteller ganz schwäbischer Mittelständler.

„Motorsägen sind ja kein Allerweltsprodukt“, sagte Stihl einmal. Im Vergleich zur Automobil- und Chemiebranche gebe es Mengen, die für Großkonzerne kaum interessant seien. „Aber für kleinere Firmen, die keine Angst davor haben, sich weltweit aufzustellen, geben sie trotzdem interessante Stückzahlen her“, lautete sein Fazit.

Gegenwind noch vor dem Fall der Mauer

In den 80er Jahren wagte der Unternehmer den Sprung auf die wirtschaftspolitische Bühne, war von 1980 bis 1988 Verhandlungsführer der Arbeitgeber im regionalen Verband der Metallindustrie. Zwischen 1988 und 2001 stand er dann dem Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) vor - dem heutigen Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). In der turbulenten Zeit der deutschen Wiedervereinigung trat Stihl als Marktwirtschaftler klassischer Prägung auf, forderte Subventionsabbau und den Stopp der Staatsverschuldung.

Als Stihl noch vor dem Fall der Berliner Mauer an die DIHT-Spitze rückte, gab es auch Gegenwind. So wurde in der „Tageszeitung“ (taz) die Frage debattiert, wie viel Verantwortung der Sägenfabrikant für die Rodung des Urwaldes trage. 2016 reagierte die Firma Stihl auf Vorwürfe der Organisation „Rettet den Regenwald“, wonach Tochterunternehmen eines Stihl-Importeurs in Malaysia illegalen Holzeinschlag betrieben. Stihl verurteile ungesetzlichen Holzeinschlag im geschützten Regenwald und großflächige Brandrodungen, hieß es damals in einer Erklärung.

Hersteller soll weiter in Familienhand bleiben

In Waiblingen stehen die Zeichen nicht auf Veränderung. Der Hersteller soll weiter in Familienhand bleiben. „Die Firma Stihl hat heute in unserer Branche das Alleinstellungsmerkmal, dass sie seit ihrer Gründung vor 96 Jahren voll im Eigentum unserer Familie geblieben ist“, sagt Hans Peter Stihl. Er ist bis heute persönlich haftender Gesellschafter und lässt auch deshalb die Zügel nicht gänzlich aus der Hand.

Eine private Feier im Kreis der Familie, ein Abendessen mit Führungskräften der Firma und Weggefährten - einen großen Bahnhof wird es anlässlich des runden Geburtstags des vielfach ausgezeichneten Unternehmers nicht geben. Noch vor zehn Jahren wurde anlässlich seines 80. Geburtstags zu einer offiziellen Veranstaltung geladen. Diese habe, wie Stihl einmal trocken bemerkte, die „gebotene Kürze“ gehabt.