Dass er in die Politik gegangen ist, war nicht Teil seines Lebensplans. Eigentlich stamme er aus einer ziemlich FDP-untypischen Kleinbürgerfamilie, erzählt Rülke. Sein Großvater war „klassischer Arbeiter“, der als Gewerkschaftsfunktionär Ärger mit den Nazis bekam. „Aus persönlicher Überzeugung heraus“ habe er mit dem Liberalismus sympathisiert, sagt Rülke. Freiheit und Wettbewerb seien in seinen Augen schon immer die überzeugenderen Konzepte gewesen. So habe er bei Wahlen schon früh der FDP seine Stimme gegeben. 1985, mit 24 trat er in die Partei ein.

 

Er habe sich der FDP nach dem bundespolitischen Seitenwechsel 1982 von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl besonders solidarisch zugeneigt gefühlt. In seinen Augen ist die FDP damals fälschlicherweise zum Sündenbock für die Abwahl Schmidts gemacht worden. Dabei sei der SPD-Kanzler zuerst von seinen eigenen Genossen verraten worden.

Bekennender Wirtschaftsliberaler

Rülke bekennt sich dazu, eher ein Wirtschaftsliberaler zu sein. Dabei hat ihn der herausragende sozialliberale Wegbereiter der FDP zu dieser Partei geführt. Wenn es eine Person gegeben habe, die ihn in die FDP gebracht hat, sei das Ralf Dahrendorf gewesen, sagt Rülke. In seinem Studium in Konstanz habe er Dahrendorf erlebt. Der große linksliberale Vordenker ist einer der Gründerväter der Universität Konstanz. 1984 bis 1986 kehrte er – unter anderem nach kurzen Abstechern in die aktive Landes- (1968 bis 1969) und Bundespolitik (1969 bis 1970) dorthin zurück. Auch Hans-Ulrich Rülke schwebte damals eher eine Hochschulkarriere vor.

Germanistik, Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie hat er studiert, 1991 mit einer Arbeit über „Gottesbild und Poetik bei Klopstock“ promoviert. 1993 begann er am Hilda-Gymnasium in Pforzheim zu unterrichten. Schon 2001 wechselte er als Fachberater für Politik und Wirtschaft an das Oberschulamt Karlsruhe. 2006 kam er in den Landtag, wurde wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Seit 2009 ist er der Chef der liberalen Riege.

Rülke ist eine rhetorische Begabung. Er braucht allenfalls kleine Karteikärtchen als stichwortgebende Gedächtnisstützen und kann seinen Vorrednern schlagfertig Paroli bieten. Weniger stark ausgeprägt ist sein Talent, die Herzen seines Publikums anzusprechen. Ist er dafür womöglich zu sehr Stratege? Zum Beispiel Flüchtlingspolitik. Sie ist für die Liberalen ein ideales Arbeitsfeld. Im Landtag sind sie die einzigen, die das Handeln der Bundeskanzlerin als Politikversagen verurteilen – wissend, dass sie damit unzufriedene Konservative abholen. „Wir machen von Merkel enttäuschten Wählern ein Angebot, dass sie nicht rechtsradikal wählen müssen,“ sagt Rülke. „Wenn wir dadurch ein politisches Alleinstellungsmerkmal bekommen“ – umso besser. Aber natürlich ist er „zunächst der Überzeugung, dass Merkels Flüchtlingspolitik falsch ist“.

Brülltöne nicht mehr nötig

Zum „Brüllke“ machten ihn seine Gegner im Landtag, als er den Bogen überspannte und mit grenzwertigen Pöbeleien die Koalition niedermachte. Nur das gängigste Beispiel: In einer Haushaltsdebatte verhöhnte Rülke den Ministerpräsidenten als „Winfridos Kretschmannakis“, der – ähnlich den Griechen – keine Ahnung vom Haushalten habe. „Ich bin nicht der Meinung, dass es falsch war,“ sagt Rülke heute dazu. „Das eine war ohne das andere nicht zu haben.“ Das eine war die Rollenzuschreibung als „der eigentliche Oppositionsführer“ – der sich deutlich von der nicht in die Gänge kommenden CDU abhob und die FDP „aus dem medialen Windschatten“ herausholte. Das andere war eben der unsympathische „Brüllke“.

Die Lautstärke brauche es jetzt nicht mehr, sagt Rülke. Die Liberalen seien wieder gestärkt. Und in dieser neuen Situation muss man als Liberaler eher staatsmännische Qualitäten unter Beweis stellen. So ließ Rülke aus Kretschmannakis den „Digi-Kretsch“ werden, der sich nach fünf Tagen Dienstreise im kalifornischen Silicon Valley als Experte der digitalen Wirtschaft 4.0 präsentiere.

Sein eigener Berater

Welcher Berater sagt ihm, wann ein Rollenwechsel angezeigt ist? „Ich berate mich da selber“, sagt Rülke – da ist er wieder, der kühle Analytiker. Immerhin hat er auch auf seinen Friseur gehört. „Der war der Meinung, man könnte mal was anderes probieren“. Rülke hat denn auch sein äußeres Erscheinungsbild etwas verändert. Ganz oben. Der Friseur meinte, er „sehe weniger streng aus mit der anderen Frisur“.

Rülke denkt auch daran, den Teamgeist herauszukehren. Dass sich die sieben Köpfe umfassende FDP-Fraktion in den zurückliegenden fünf Jahren ganz wacker geschlagen und „aus den bescheidenen Möglichkeiten, die uns der Wähler gegeben hat“ das Beste gemacht hat, sei „das Verdienst von allen“. Sicher sei die Lage dadurch begünstigt worden, dass die meisten der FDP-Abgeordneten neu im Parlament waren, „junge Abgeordnete, die nicht verwöhnt waren von einer Regierungsbeteiligung“. Sie mussten sich nicht lange umgewöhnen, sondern suchten weiter selbst nach einem Parkplatz für ihr Auto, wie sie es zuvor hatten machen müssen. Anders als Christdemokraten, die Mühe hatten, sich mit der Oppositionsrolle abzufinden. Opposition ist Mist, mit dem man sich besser nicht abgibt – „dieses Verständnis von Parlamentarismus habe ich nicht“, sagt Rülke.

Die Politik war nicht im Lebensplan

Dass er in die Politik gegangen ist, war nicht Teil seines Lebensplans. Eigentlich stamme er aus einer ziemlich FDP-untypischen Kleinbürgerfamilie, erzählt Rülke. Sein Großvater war „klassischer Arbeiter“, der als Gewerkschaftsfunktionär Ärger mit den Nazis bekam. „Aus persönlicher Überzeugung heraus“ habe er mit dem Liberalismus sympathisiert, sagt Rülke. Freiheit und Wettbewerb seien in seinen Augen schon immer die überzeugenderen Konzepte gewesen. So habe er bei Wahlen schon früh der FDP seine Stimme gegeben. 1985, mit 24 trat er in die Partei ein.

Er habe sich der FDP nach dem bundespolitischen Seitenwechsel 1982 von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl besonders solidarisch zugeneigt gefühlt. In seinen Augen ist die FDP damals fälschlicherweise zum Sündenbock für die Abwahl Schmidts gemacht worden. Dabei sei der SPD-Kanzler zuerst von seinen eigenen Genossen verraten worden.

Bekennender Wirtschaftsliberaler

Rülke bekennt sich dazu, eher ein Wirtschaftsliberaler zu sein. Dabei hat ihn der herausragende sozialliberale Wegbereiter der FDP zu dieser Partei geführt. Wenn es eine Person gegeben habe, die ihn in die FDP gebracht hat, sei das Ralf Dahrendorf gewesen, sagt Rülke. In seinem Studium in Konstanz habe er Dahrendorf erlebt. Der große linksliberale Vordenker ist einer der Gründerväter der Universität Konstanz. 1984 bis 1986 kehrte er – unter anderem nach kurzen Abstechern in die aktive Landes- (1968 bis 1969) und Bundespolitik (1969 bis 1970) dorthin zurück. Auch Hans-Ulrich Rülke schwebte damals eher eine Hochschulkarriere vor.

Germanistik, Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie hat er studiert, 1991 mit einer Arbeit über „Gottesbild und Poetik bei Klopstock“ promoviert. 1993 begann er am Hilda-Gymnasium in Pforzheim zu unterrichten. Schon 2001 wechselte er als Fachberater für Politik und Wirtschaft an das Oberschulamt Karlsruhe. 2006 kam er in den Landtag, wurde wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Seit 2009 ist er der Chef der liberalen Riege.

Rülke ist eine rhetorische Begabung. Er braucht allenfalls kleine Karteikärtchen als stichwortgebende Gedächtnisstützen und kann seinen Vorrednern schlagfertig Paroli bieten. Weniger stark ausgeprägt ist sein Talent, die Herzen seines Publikums anzusprechen. Ist er dafür womöglich zu sehr Stratege? Zum Beispiel Flüchtlingspolitik. Sie ist für die Liberalen ein ideales Arbeitsfeld. Im Landtag sind sie die einzigen, die das Handeln der Bundeskanzlerin als Politikversagen verurteilen – wissend, dass sie damit unzufriedene Konservative abholen. „Wir machen von Merkel enttäuschten Wählern ein Angebot, dass sie nicht rechtsradikal wählen müssen,“ sagt Rülke. „Wenn wir dadurch ein politisches Alleinstellungsmerkmal bekommen“ – umso besser. Aber natürlich ist er „zunächst der Überzeugung, dass Merkels Flüchtlingspolitik falsch ist“.

Keine „Haiderisierung“ der FDP

Die Merkel-CDU hat sich auch auf anderen Feldern umorientiert, in der Wirtschaftspolitik etwa. Es gäbe also Raum rechts von der Union. Die „Haiderisierung“ der FDP hält Rülke aber nicht für einen sinnvollen Weg, eine Entwicklung wie sie die österreichische FPÖ gemacht hat, zur rechtspopulistischen Partei. „Da würde ich nicht mitgehen,“ sagt Rülke. Das „vernünftige Bürgertum“ würde so abgestoßen.

Dann doch eher eine Regierungsbeteiligung im Land? Das würde der FDP für ihre Überlebensstrategie 2017 schließlich noch höhere Chancen verschaffen. „Das Kalkül gibt es schon,“ räumt Rülke ein. Doch die FDP dürfe nicht nur Ämter be-, sondern müsse vor allem Inhalte umsetzen, so „dass sie auch mittelfristig davon profitiert“. Wenn die Leute merken, dass die FDP nur mitspielen will, seien sie schnell enttäuscht, und die FDP wieder bei drei Prozent. Die Erfahrung der Bundestagswahl 2013 wirkt nach. „Das gedenke ich nicht zu erleben,“ so Rülke. Das gehört zur Mission