Drei junge Leute reisen nach Mallorca. Doch der Autor Hansjörg Nessensohn lässt sie dort alles andere als entspannte Tage verbringen - die Geister der Vergangenheit lassen sie nicht in Ruhe.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Nach dem Abi ein paar schöne Wochen auf einer mallorquinischen Luxusfinca verbringen: Für Sunny und Timon, eng befreundet, aber nicht liiert, steht die schönste Zeit des Jahres, ach was: des ganzen Lebens bevor. Könnte man meinen. Doch das ungleiche Freundespaar, sie hübsch und reich, er seit einem Unfall am Körper entstellt, hat zuviel Ballast im Gepäck, als dass unbeschwerte Ferien draus werden könnten. Und dann picken die beiden unterwegs auch noch den seltsamen Jonas auf, der sie mit seinem seltsamen Verhalten irritiert, ja verstört.

 

Von Anfang an macht der Autor Hansjörg Nessensohn in seinem Debütroman „Und dieses verdammte Leben geht weiter“ klar, dass auf den folgenden 280 Seiten nicht sehr viel heile Welt zu erwarten ist. Das geht auch gar nicht bei dem Päckchen, dass vor allem Jonas zu tragen hat: zwei Jahre vor dem jetzigen Mallorca-Trip hätte er dort am letzten Ferientag auf seine kleine Stiefschwester aufpassen sollen. Mutter und Stiefvater wollten das Ende der Ferien feiern. Doch ausgerechnet an jenem Abend büxte Jonas aus, um mit seinem Freund Paul sein Coming out zu erleben.

Die Schwester bleibt verschwunden

Als Jonas zurückkommt, ist das kleine Mädchen verschwunden – und bleibt es auch. Möglicherweise ist sie zum Opfer eines Verbrechens geworden, die Polizei tappt im Dunkeln. In folgenden Zeit erodiert die Familie in rasendem Tempo, die Mutter wird zur Alkoholikerin, der Stiefvater gibt Jonas unverblümt die Schuld an der Katastrophe. Jonas zerbricht an der Last und will sich zum Jahrestag des Verschwindens das Leben nehmen. In letzter Sekunde wird er von Timon gerettet - doch so etwas wie ein Happy-End ist zu diesem Zeitpunkt keineswegs in Sicht.

Hansjörg Nessensohn schenkt seinen Figuren und seinen Lesern nichts. Schonungslos und mit einer klaren Sprache schildert er die Dilemmata seiner Helden, plausibel stellt er die Tragik ihrer Biografien dar. Nur dass es – bei gleicher dramaturgischer Wirkung – vielleicht ein, zwei Schicksalsschläge weniger hätten sein können. Aber sei’s drum.

„Dieses verdammte Leben...“ ist ein verdammt eindrückliches Buch über junge Menschen – die am Ende vielleicht doch noch Freunde werden? Aber das sei hier natürlich nicht verraten.