Vom Pointendrechsler zum ZDF-Geschichtslehrer: wie sich Hape Kerkeling für seine Berufung zum Gottschalk-Nachfolger warmläuft.

Stuttgart - Als Junge, sagt Hape Kerkeling, habe er davon geträumt, Kaiser von China zu werden. "Der musste nicht arbeiten und durfte so hübsch wohnen." Dieses Ziel hat er jetzt erreicht. Für die Dokumentationsreihe "Terra X" hat das ZDF Deutschlands beliebtesten Komiker auf eine Reise zu den kulturellen Ursprüngen der Menschheit geschickt. Hape Kerkeling ist dann mal weg, er galoppiert kurz durch fünftausend Jahre Geschichte.

 

Der Mann, der Königin Beatrix war, reist in der ersten Folge von den Pyramiden zur Akropolis und von der Klagemauer in Jerusalem zur Chinesischen Mauer. Er flaniert im Anzug über die Originalschauplätze, um in gewohnt saloppem Tonfall zu erklären, wie alles begann, mit der Politik und dem Pop und allem Übrigen. Es fällt kaum auf, dass er zwischendurch in der Maske verschwindet, um sich en passant in die Helden zu verwandeln, deren Taten er zuvor so anschaulich referiert hat. Da schließt sich dann der Kreis: Hape Kerkeling als Echnaton, Marie Antoinette oder Luther, das ist Geschichtsunterricht mit den Mitteln der Komik.

Hape in der Rolle als Kaiser von China

In der schönsten Szene der ersten Folge erleben die Zuschauer Kerkeling in der Rolle von Qin Shihuang, jenem ersten Kaiser von China, der das Reich der Mitte im Jahr 221 vor Chr. aus dem Boden gestampft hat. Den Blick fernöstlich verklärt, die Wangen von einem wilden Gestrüpp umwuchert und eine Krone auf dem betonierten Haar, spuckt er im hohen Bogen allerlei Kräuter und Säfte aus, die ihn unsterblich machen sollen.

Der Auftritt dauert höchstens dreißig Sekunden, doch das Bild brennt sich ins Gedächtnis ein. Deutschlands beliebtester Komiker in der Rolle als Kaiser, und das auch noch zur besten Sendezeit um 19.30 Uhr am Sonntag im ZDF. Wenn es noch eines Beweises bedarf, dass hier einer Anspruch auf die Pole Position im Rennen um die Nachfolge von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass ..?" erhebt, dann hat ihn Kerkeling damit selber geliefert.

Zwar versichert der zuständige Leiter der ZDF-Redaktion Geschichte und Gesellschaft, Alexander Hesse, dass erste Gespräche mit Hape Kerkeling über "Terra X" vom Sender schon vor einigen Jahren geführt worden seien, zu einer Zeit also, als der Thron der Samstagabendunterhaltung noch gar nicht vakant war.

Das Timing ist kein Zufall

Doch das Timing für die wundersame Wandlung des Hape Kerkeling vom Komiker zum Geschichtslehrer, vom Pointendrechsler zum Entertainer für Guido-Knopp-müde ZDF-Zuschauer, dieses Timing wird wohl kein Zufall sein. Über zwei Jahre war das Multitalent mit dem Team um den Produzenten Gero von Boehm immer mal wieder in der Weltgeschichte unterwegs, um eine neue Folge für "Terra X" zu drehen. Und schon im April, als die ersten Spekulationen über die Nachfolge von Thomas Gottschalk ins Kraut schossen, hatte der damals noch designierte und mittlerweile gewählte neue ZDF-Intendant Thomas Bellut mit verschwörerischer Miene verkündet: "Sie werden einen anderen Hape Kerkeling erleben."

Bellut hatte nicht zu viel versprochen. An der Wandelungsfähigkeit und dem Improvisationstalent des Favoriten hatte es schon damals nicht den geringsten Zweifel gegeben. Doch die Rolle als Gastgeber von Europas größter Unterhaltungsshow erfordert neben einer gewissen Ausdauer und Leidensfähigkeit eben auch die Bereitschaft, hinter die Berühmtheiten aus Hollywood zurückzutreten - eine Bescheidenheit, die Kerkeling nicht nachgesagt wird.

Als Schüler nur eine Vier in Geschichte

Diesen Vorbehalt hat er jetzt selber bei "Terra X" ausgeräumt. Der Mann, der kein Geheimnis daraus macht, dass er als Schüler selber nur eine Vier in Geschichte hatte, kann tatsächlich auch anders. Großzügig überlässt er den historischen Helden den Vortritt - wenn auch nur unter der Voraussetzung, dass er sie selber verkörpern darf. Auch dass er als neuer "Wetten, dass ..?"-Moderator zum öffentlichen Eigentum werden könnte, diese Bedenken hat er kürzlich in einem Interview mit dem "SZ-Magazin" ausgeräumt: "Wenn mich das wirklich schrecken würde, hätte ich längst alles drangegeben."

Na, bitte. Wer hindert das ZDF jetzt noch daran, offiziell zu bestätigen, was sich die Zuschauer ohnehin von Anfang an gewünscht haben? Es kann nach Thomas Gottschalk nur einen Herrscher im Reich der Samstagabendunterhaltung geben: Hape Kerkeling. Wer den Kaiser von China spielen kann, der schreckt auch nicht davor zurück, einen noch wackeligeren Thron zu erklimmen.

ZDF, 23. Oktober, 19.30 Uhr, Terra X: Unterwegs in der Weltgeschichte mit Hape Kerkeling.

Wird er's, wird er's nicht?

Spekulationen: Moderiert er "Wetten,dass..?" oder moderiert er "Wetten, dass ..?" nicht? Und, falls nicht, wer sollte Gottschalk dann beerben?Das öffentliche Rätselraten um die Zukunft von Hape Kerkeling wird immer bizarrer. Dieser Tage dementierte das ZDF einen Bericht von Bunte-Online, demzufolge der Komiker die Moderation der Samstagabendshow abgelehnt habe. Die endgültige Entscheidung will das ZDF nach der letzten Sendung mit Gottschalk am 3. Dezember verkünden. Bis dahin darf weiter spekuliert werden.

Wette: Mit dem Magazin "Stern" hat Hape Kerkeling gewettet, dass er nicht Gottschalks Nachfolge übernehmen wird. Einsatz: eine Stange Zigaretten.