Harry Belafonte, der große amerikanische Sänger, Schauspieler und Ikone der US-Bürgerrrechtsbewegung, wird an diesem Mittwoch neunzig Jahre alt.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Bald vierzehn Jahre ist es her, dass Harry Belafonte zuletzt ein Konzert gegeben hat. Es war, wie könnte es bei diesem großen Philantropen anders sein, ein Benefizkonzert – zugunsten des Opernhauses von Atlanta. Drei Jahre später endete dann – bis heute jedenfalls – auch die Karriere des Filmstars Harry Belafonte, mit einem Auftritt in Emilio Estevez’ Film „Bobby“ über die Ermordung seines alten Weggefährten Robert F. Kennedys. Ruhiger mag es seitdem um Belafonte geworden sein, still jedoch bei weitem nicht. Erst im vergangenen Jahr meldete er sich öffentlich zu Wort, zunächst im Frühjahr, um für Bernie Sanders als künftigen US-Präsidenten zu trommeln, dann im Dezember, um in mehreren öffentlichen Gesprächen unter anderem mit Noam Chomsky oder unter dem Motto „Welcome to the Fourth Reich“ über den jetzt tatsächlichen Amtsinhaber Trump herzufallen.

 

Das alles lässt sich sehr schön bei Youtube nachsehen, dort springen einem dann auch prompt wieder die zwei vornehmsten Charakterzüge dieses vornehmen Mannes ins Auge, der an diesem Mittwoch seinen neunzigsten Geburtstag begehen darf. Da ist zum einen der große Entertainer, der die Welt als Sänger um globale Hits wie den „Banana Boat Song“ „Island in the Sun“, Angelina“ oder „Matilda“ bereichert hat. Und der als Schauspieler und Moderator, mehr oder weniger durch Zufall in das Genre gerutscht, viele große Erfolge in Kino und Fernsehen feierte, nicht zuletzt jenen, als erster Schwarzer im Jahr 1960 mit einem Emmy ausgezeichnet worden zu sein. Und da ist zum anderen seine Identitität als afroamerikanisches Idol, als Mitmarschierender an der Seite der Ikonen einer Bürgerrechtsbewegung; der mit Martin Luther King gegen den Vietnamkrieg und die Apartheid kämpfte oder der mit Lionel Richie, Michael Jackson und Quincy Jones die Initiative USA for Africa ins Leben rief.

Bei allem Ruhm bodenständig geblieben

„We are the World“ hieß die zum Statement gewordene Sessionsingle, deren Titel im selbstbehauptenden Amerika dieser Tage eine seltsame Konnotation bekommen könnte, der aber natürlich ganz anders formuliert war – Als Appell an den Gemeinsinn und die kollektive Verantwortung. Auch das ist typisch Belafonte. Der Mann mischt sich ein, wenn es ihm nötig erscheint, in seiner durch und durch bescheidenen Art möchte er sich aber nie in den Vordergrund drängen. Die Millionenerfolge haben den Sohn eines Matrosen aus Martinique und einer jamaikanischen Hilfsarbeiterin reich gemacht, aber der Ruhm ist ihm nicht zu Kopfe gestiegen; mit den einschlägigen Lastern des Popstarlebens hat er, wie er 2012 in seiner Autobiografie“My Song“ berichtet, schon früh gebrochen. Belafonte, der gebürtige New Yorker, der seit fünfzig Jahren das gleiche Apartment in Manhattan bewohnt, hat Musikerkollegen wie Bob Dylan, Miriam Makeba oder Nana Mouskouri überhaupt erst bekannt gemacht, aber er macht ebenso wenig Aufhebens darum wie um die Grammys, Oscars, Ehrendoktorwürden und sonstigen Auszeichnungen, die er in seinem Leben eingesammelt hat.

Der Calypso war seine große Liebe, diesen karibischen Musikstil hat er weltbekannt gemacht, den Protestsong hat er aber als ebenso notwendige Ausdrucksform betrachtet. Stets mit dem Blick auf die Verhältnisse, etwa als er bekannte, mit moderner Musik nichts anfangen zu können – außer mit Hip-Hop, den er als wichtiges Artikulationsventil der schwarzen Musikergeneration nach ihm begriffen hat.

Konsequent somit, dass seine Heimatstadt ihn zum Geburtstag ehrt, indem eine Stadtteilbibliothek in seinem Geburtsviertel Harlem nach Harry Belafonte benannt wird. Viele andere hätten es als Geringschätzung abgetan, der Jubilar freut sich offenen Herzens darüber. „Harlem hat einen ganz speziellen Platz in meinem Herzen und ich fühle mich geehrt, dass ich jetzt einen speziellen Platz in Harlem haben werde“, sagt Belafonte. So einfach ist das.