Seit Jahrzehnten kämpft der Karlsruher Harry Block gegen großtechnische Risikokraftwerke. Manchmal legt er auch durchaus provokante Auftritte hin. Sich selbst sieht der pensionierte Berufsschullehrer eher als Pragmatiker.

Karlsruhe - Vor 40 Jahren schon demonstrierte er gegen die Kraftwerkspläne im südbadischen Wyhl, seitdem kämpft Harry Block für den Ausstieg aus der Atomenergie – gelegentlich mit durchaus provokanten Auftritten in der EnBW-Hauptversammlung. Auch mit seinem Einsatz gegen neue Kohlekraftmeiler im Karlsruher Rheinhafen zeigte Harry Block vor allem eines: Widerstandsgeist und anhaltende Sorge um Ressourcen des menschlichen Lebens – sauberes Wasser und saubere Luft. Block ist ein Überzeugungstäter.

 

Auch als pensionierter Berufsschullehrer wirkt dieses Urgestein der grünen Bewegung und der Karlsruher Kommunalpolitik kein bisschen müde. Wer mit ihm spricht, bekommt ein wahres Feuerwerk an Argumenten zu hören. 15 Jahre lang saß er im Gemeinderat, von 1989 bis 2004. Voriges Jahr würdigte Karlsruhes Rathauschef Blocks „beispielhaftes Engagement“. Seit Jahrzehnten ist der 66-Jährige kritischer Aktionär der Energiekonzerne im Südwesten – erst beim Badenwerk, später bei der EnBW. Zeitweilig besaß er auch Daimler-Aktien – um bei der Hauptversammlung kritische Fragen stellen zu können.

Ökologie, Frieden und die Gleichberechtigung sind seine Themen

Man kann es wohl am besten so zusammenfassen: Block ist vehementer Gegner von „großtechnischen Risikokraftwerken“. Als Gründungsmitglied der Grünen Liste Karlsruhe, einem Vorläufer der Grünen, sehe er sich Gründungsprinzipien der Ökopartei „vielleicht mehr verpflichtet als die Partei selbst“. Ökologie, Friedensfragen, Gleichberechtigung, und Bewusstsein für die Dritte Welt sind bis heute seine Themen. Block kandidierte bei Landtags- und bei Europawahlen für die Grünen. Aber er ist eigentlich kein Parteimensch: Block fühlt sich, räumt er ein, „am ehesten als eine Art Herz-Jesu-Sozialist“.

Früher hat er jahrelang Kriegsdienstverweigerer beraten, darunter auch so umstrittene und später auf mörderische Abwege geratene „Kandidaten“ wie Christian Klar. Aber auch der radikale Pazifismus könne ihn nicht beschreiben, sagt er – er fühlt sich als überzeugter Antimilitarist. Deshalb ist er auch mit Beginn des Kosovokrieges 1999 bei den Grünen ausgetreten. Die Parteimitgliedschaft hängte er an den Nagel, als die Grünen – damals noch in der Regierungsverantwortung im Bund – Waffeneinsätze im Ausland befürworteten. So wie sein „Freund aus grünen Zeiten“, der Pazifist und Waffenkritiker Jürgen Grässlin. Grässlin habe einst auch von ihm abgeguckt, wie man als Kleinaktionär „beim Daimler kritische Fragen stellen kann“.

Block wollte vor allem Verantwortungsbewusstsein vermitteln

Als Lehrer unterrichtete Block Mathematik, Informatik und Ethik. Da ging es ihm vor allem um die Vermittlung von Verantwortungsbewusstsein, „um die Gestaltung eines vernünftigen Lebensstandards“. Wenn es um den Erhalt der Ressourcen Wasser und Luft geht, sieht er die Lösung in dezentralem Wirtschaften. Beim Essen, bei der Energie, beim Umgang mit Abfall. Aber Block weiß auch: gesellschaftlich etwas bewirken konnte er, weil er bei den Grünen mitwirkte. Deshalb hätten ihn Techniker der EnBW ernst genommen, als er mit ihnen Fragen der künftigen Energieversorgung besprach. Seit er aus dem Stadtrat ausschied, sei für ihn der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) „sein Rückhalt“.

Dort gebe es keine Machtkämpfe wie in einer Partei. Dort würden sich vor allem Pragmatiker versammeln. Block ist überzeugt, dass seine Kritik maßgeblich zur Stilllegung der Wiederaufarbeitungsanlage von Atombrennstäben (WAK) und dem „Schnellem Brüter“ im Karlsruher Hardtwald beitrug.

Bei staatlichen Erörterungsterminen ist Harry Block oft dabei

Der Umweltaktivist hatte mit seinen Stellungnahmen beim BUND einen nicht unerheblichen Anteil an Verbesserungen der Abluftreinigung des neuen Kohlemeilers „RDK 8“ im Karlsruher Rheinhafen. Sein „Schwert“ sei das Wort, sagt er, und schmunzelt bei dem Wortspiel. Er betrachtet sich als „vernünftigen Anarchisten“. Und er gehöre mittlerweile zu den „gefürchteten Grauen“, die im politischen Kampf geübt seien „und genügend Zeit haben, sich in komplexe Sachverhalte einzuarbeiten“. Er ist bei staatlichen Erörterungsterminen geplanter Großprojekte dabei, wie bei dem Kohlemeiler im Rheinhafen oder dem wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren der Raffinerie Miro. Einigermaßen saubere Luft und Wasser im Land hätten die Menschen heute in vielen Fällen „vor allem den Ärzten, Ingenieuren und den Blocks seiner Generation“ zu verdanken. Davon ist er überzeugt.

Der EnBW hat er Ende April in seinem zehnminütigen Redebeitrag wieder einmal Hausaufgaben auf den Weg gegeben fürs laufende Geschäftsjahr. Wenn er vor Hunderten von Aktionären öffentlichkeitsheischend und aufbrausend wirkt, so ist Block im nächsten Moment wieder der Pragmatiker in Person. In Philippsburg zählen selbst CDU-Bürgermeister zu seinen Zuhörern – etwa wenn er eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplanten Hallen für den Rückbau des Meilers KKP1 fordert – für den er zuvor jahrzehntelang gekämpft hatte. Blocks bleibende Sorge: die beim Abwracken der seit 2011 stillgelegten Anlage mutmaßlich zusätzlich freigesetzte Radioaktivität. Locker lassen wird Block in diesem Punkt wohl kaum.