Auch SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner tritt nun für Sanktionen ein, wenn Hassbotschaften nicht gelöscht werden. Die Länderjustizminister befassen sich mit dem Thema. In München ermittelt der Staatsawalt gegen Facebook.

Berlin - Die deutsche Politik verliert die Geduld mit den Betreibern sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter, weil dort zu wenig getan wird, um so genannte „hate speech“, also Inhalte mit verunglimpfenden oder volksverhetzenden Charakter zu löschen. Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte unserer Zeitung: „Wir können uns nicht endlos hinhalten lassen.“ Facebook zum Beispiel sei kein rechtsfreier Raum. Die Betreiber müssten konsequent vorgehen, wenn ihnen etwa Inhalte volksverhetzenden Charakters oder Hassbotschaften bekannt werden. Er sei zwar bereit, den von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angestoßenen Monitoringprozess abzuwarten. Sollte sich aber bis März beim Umgang mit Hatespeech keine Änderung ergeben, „bin ich für gesetzliche Reglungen, die Sanktionen vorsehen“. So könne er sich gut „die Verhängung von Bußgeldern“ vorstellen. Auch eine entsprechene EU-Richtlinie über audiovisuelle Medien solle mit Sanktionsmechanismen versehen werden.

 

Fechner reiht sich damit in einen immer stärker werdenden Chor von Stimmen ein, die verschärfte Regelungen fordern. Unionsraktionschef Volker Kauder hatte bereits den Betreibern sozialer Netzwerke mit Strafen bis zu 50 000 Euro gedroht, falls anstößige Inhalte nicht innerhalb einer Woche nach Kenntnisnahme durch die Betreiber gelöscht werden. Zudem hat nun der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) gefordert, dass die Internetplattformen Schadenersatz an Opfer von Hasskommentaren zahlen sollen, wenn gemeldete Botschaften nicht gelöscht werden. Auch sollen so genannte Shitsorms mit illegalen Inhalten als „bandenmäßige Straftat“ gelten. Den Vorschlag will Steffen am 17. November auf der in Berlin tagenden Konferenz der Landesjustizminister präsentieren.

Rechtliches Vorgehen ist schwierig

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas hat den Portalbetreibern eine Frist bis März 2017 gesetzt, um bei der Löschung zu „deutlichen Verbesserungen“ zu kommen. Ändere sich nichts, würden die Unternehmen „stärker in die Pflicht genommen“. In welcher Form ließ der Minister allerdings bislang offen, ließ aber anklingen, dass er sich eine verschärfte Haftung vorstellen könne. Tatsächlich kursieren im Kreise der Fachpolitiker unbefriedigende Zahlen: Wie unsere Zeitung erfuhr, geht man zur Zeit von Löschquoten nach privaten Beschwerden aus, die bei Twitter bei einem Prozent, bei Youtube bei zehn und bei Facebook bei 46 Prozent liegen.

Ein rechtliches Vorgehen innerhalb Deutschlands gegen die international operierenden Firmen ist bislang sehr schwierig. So war im Mai eine Strafanzeige des Würzburger Rechtsanwalts Chan-jo Jun gescheitert, weil die dortige Staatsanwaltschaft deutsches Recht nicht für anwendbar hielt. Diese Einschätzung wird aber offenbar nicht überall geteilt. Die Staatsanwaltschaft München I hat nämlich nun nach einer Anzeige Juns wegen Volksverhetzung ein Ermittlungsverfahren gegen Facebook, dessen Gründer und andere hochrangige Manager eingeleitet. Jun hatte in einem Zeitraum von etwas über einem Jahr über 438 Einträge „mit strafrechtlicher Relevanz“ an facebook gemeldet – per Einschreiben an führende Manager in Deutschland und im Ausland. Die Liste der angezeigten Sachverhalte ist eine Landkarte des (oft, aber nicht immer politisch motivierten) Hasses – von Mordaufrufen über antisemitischen Hetzparolen bis zu massivsten persönlichen Attacken. In ganzen vier Fällen erhielt Jun überhaupt eine Eingangsquittung seiner Beschwerde, berichtet Jun unserer Zeitung. „Vermeiden von Kenntniserlangung“ nennt das der Jurist. Eine Taktik, die möglichwerweise nicht mehr lange funktioniert.