Nach einem Brand müssen die Zeiger der Uhr vom Stuttgarter Bahnhofsturm gerichtet werden. Das ist nicht so einfach, weil der Denkmalschutz ein Wort mitzureden hat. Besuch in einem Möglinger Fachbetrieb, der der Uhr schon lange verbunden ist.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Der Architektur des Stuttgarter Hauptbahnhofs, entworfen von Paul Bonatz, sagen nicht wenige zeitlose Schönheit nach. Die bauliche Schönheit ist derzeit aber eher im Wortsinn zeitlos: die Zeiger der Uhr am Bahnhofsturm fehlen. Bei einem Brand im November vergangenen Jahres sind sie in Mitleidenschaft gezogen worden und müssen nun repariert werden.

 

Firmengründer hat die Uhr montiert

Der gut zwei Meter lange Minutenzeiger und der kürzere Stundenzeiger befinden sich deshalb in einem Fachbetrieb in Möglingen (Kreis Ludwigsburg) – und damit auch außerhalb der Stadt in besten Händen. Denn der Chef Uwe Eisenhart hat eine besondere Beziehung zu dem Uhrwerk. In der Familie erzählt man sich, wie Firmengründer Eugen Eisenhart einst die Zeiger unter großem Aufwand in gut 40 Meter Höhe am Bonatzbau angebracht hat. Eugen Eisenhart war der Großvater von Uwe Eisenhart, der nun wiederum mit seinem Sohn Marvin in der Werkstatt des Unternehmens steht, das trotz seines Sitzes vor den Toren der Stadt weiterhin „Eisenhart Turmuhrenbau Stuttgart“ heißt.

Die beiden Zeiger, die gewöhnlich Bahnreisenden aber auch den Passanten auf der Königstraße zeigen, was die Uhr geschlagen hat, sind kaum wiederzuerkennen. Derzeit sind sie nur hohle Stahlrahmen, an deren Enden mächtige Gegengewichte ruhen, die sie an ihrem Einsatzort hoch über der Stadt austarieren. Es fehlt die weiße Plexiglasabdeckung, die bei dem Zwischenfall im November weggeschmort ist. Und es fehlt das Innenleben der Zeiger, das es ihn sich hat. In den Nachtstunden sorgen Neonröhren für die Sichtbarkeit.

Die Leuchtmittel sind aber keine Stangenware. Sie müssen eigens geblasen werden und so beschaffen sein, dass sie mit den 3000 Volt Spannung umgehen können, die anliegen. Wäre die Reparatur nicht auch eine Gelegenheit, diese anachronistische Technik auf den neuesten Stand zu bringen? Uwe Eisenhart schüttelt den Kopf. „Da achtet schon der Denkmalschutz darauf“. Das könnte perspektivisch zum Problem werden. Denn die Betriebe, die die passenden Leuchtstoffröhren herstellen können, die Uwe Eisenhart für die Bahnhofsuhr braucht, werden immer weniger.

„Fünf bis sieben Jahre“, sagt der Fachmann, halten die Beleuchtungselemente ehe sie getauscht werden müssen. Dazu bleiben die Zeiger an Ort und Stelle. Das Ziffernblatt am Bahnhofsturm hat eine Öffnung für Arbeiten dieser Art. Für den Einsatz dort braucht es Schwindelfreiheit. Die bringt Uwe Eisenhart mit – neben seiner Ausbildung zum Uhrmacher und dem anschließenden Studium der Elektronik.

Schwindelfreiheit als Voraussetzung

Zehn große Uhren gibt es am und im Bahnhofsgebäude von Paul Bonatz, das im vergangenen Jahr 100 Jahre alt geworden ist. Viele von ihnen werden von der Firma Eisenhart immer wieder auf Vordermann gebracht – so zuletzt die Uhr über dem Nordeingang, bei der das Ziffernblatt einer Überarbeitung bedurfte. Ansonsten ist Uwe Eisenharts Unternehmen vornehmlich an Kirchen- und Rathausuhren tätig. Auch den Zeitmesser am Stuttgarter Rathaus hat man immer wieder in den richtigen Takt gebracht. „Dort sind die Zeiger noch länger als am Bahnhof“, sagt Uwe Eisenhart.

Zwei bis drei Wochen werde es wohl noch dauern, bis auch die Zeiger am Bahnhofsturm wieder an Ort und Stelle sind. Dass er dabei an einer exponierten Stelle der Stadt arbeitet, ist Eisenhart bewusst. „Das ist schon etwas besonderes“.