Schimmel an den Zimmerwänden ist nicht nur unschön und lästig, sondern kann auch gesundheitsschädlich sein. Ein Experte erklärt, wie man Schimmel vorbeugen und was man gegen ihn tun kann.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Gerne machen sie sich oben in der Ecke breit. Oder – noch fieser – sie sitzen unten in der Ecke, am besten noch hinter einem Schrank, wo man sie erst einmal gar nicht sieht – bis sie selbst hinter dem Schrank hervorlugen. Schimmelpilze sind unliebsame Mitbewohner, die sich mit wenig zufriedengeben und sehr pflegeleicht sind: Zum Wachstum benötigen sie vor allem Nährstoffe und Feuchtigkeit.

 

Günter Konieczny kennt sie gut, die meist schwarzen, manchmal auch sehr farbenfrohen Wandbeläge. Zweimal die Woche wird er derzeit von verzweifelten Wohneigentümern zu sich gerufen, damit er sich der Schimmelpilze annimmt. Denn übersteigt deren Konzentration in Wohnräumen ein bestimmtes Maß, können sie gesundheitliche Probleme hervorrufen.

Konieczny arbeitet als Architekt für den Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein Haus & Grund. Er untersucht für Eigentümer in Stuttgart und Ludwigsburg, ob der Schimmelpilz auf bauliche Mängel zurückzuführen ist, denn dieser muss den Nachweis erbringen, dass dem nicht so ist. „Im Moment ist das Problem mit Schimmel sehr akut“, sagt er. Denn Schimmel tritt vor allem in der Zeit von November bis März auf. Die Energiekrise, in der viele Menschen auch die Heizung runterdrehen, schlage bisher aber noch nicht durch.

Konieczny bringt bei solchen Terminen gerne Vermieter und Mieter zusammen und inspiziert dann den Schimmel, misst die Luftfeuchtigkeit im Raum und gegebenenfalls die Feuchtigkeit in der Wand. „Meiner Erfahrung nach sind maximal 25 Prozent der Fälle auf einen baulichen Schaden zurückzuführen“, sagt der Fachmann, der seit gut 20 Jahren für Haus & Grund mit dem Schwerpunkt Feuchtigkeit beratend tätig ist. Zu den baulich bedingten Mängeln zählen etwa Risse im Mauerwerk, undichte Anschlüsse oder Leckagen wie ein Rückstau aus dem Abwassersystem.

Meist tritt der Schimmel auf, weil falsch gelüftet und geheizt wird

Meist aber trete der Schimmel nutzungsbedingt auf, etwa durch falsche Lüftungs- und Heizgewohnheiten oder wandnah aufgestellte Möbel bei ungedämmten Außenwänden, also meist im Altbau. Denn Schimmel entsteht – wie bereits erwähnt – dort, wo es feucht ist. Besonders gern breitet er sich aus, wo sich diese feuchte Luft an kalten Oberflächen niederschlägt. Konieczny rät von Raufasertapeten ab, „das sind die größten Schimmelträger, da sie mit Holzfasern aufgeraut sind – und Schimmelpilze fühlen sich besonders auf organischen Oberflächen wohl“.

Zimmerwände, die von Schimmel befallen sind, sind ihm zufolge deshalb zu fast 100 Prozent solche, die an eine Außenwand grenzen. Oft sind zudem Zimmerecken zur Außenwand hin besonders stark betroffen, da dort Wärmebrücken entstehen können, das heißt, dass der jeweilige Bereich schneller auskühlt. „Wärmebrücken zählen aber laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht zu den Bauschäden“, sagt Konieczny.

Von weniger als 16 Grad Celsius in einem Raum rät der Experte ab

Was also tun? Der Experte rät in erster Linie zum richtigen Lüften und Heizen. Eine dreiköpfige Familie produziert laut ihm in einer 75 Quadratmeter großen Wohnung täglich zwischen sieben und zehn Liter Wasser. Die müssten schlicht wieder raus. Aber bitte auf dem richtigen Weg: „Im Winter sollte man Fenster grundsätzlich nicht kippen, sondern zehn bis 15 Minuten Stoßlüften“, sagt Konieczny.

Dabei sollte die Tür des jeweiligen Zimmers geschlossen sein – oder aber man lässt sie auf und öffnet ein gegenüberliegendes Fenster in einem anderen Raum, um einen Durchzug zu erzeugen und Querlüften zu ermöglichen. „Das ist besonders effektiv, aber nicht immer möglich.“ Besonders gründlich und oft sollte man in Küche, Bad und Schlafzimmer lüften, da diese am häufigsten von Schimmel betroffen seien.

Neben dem Lüften ist das Heizen von großer Bedeutung, um Schimmelbildung vorzubeugen. Konieczny empfiehlt im Wohnzimmer eine Temperatur von 20 bis 21 Grad Celsius, im Schlafzimmer reichen hingegen 17 Grad Celsius. „Wenn es nur 16 Grad sind, sollte man auf jeden Fall die Schlafzimmertüre geschlossen halten, sonst entsteht eine Sogwirkung, und das Zimmer holt sich die warme Luft aus der restlichen Wohnung, die wiederum an die kalten Wände geht.“

Von weniger als 16 Grad Celsius rät Konieczny dringend ab. Wenn man das Haus oder die Wohnung tagsüber verlasse, solle man besser davon absehen, die Heizung auf Frostwächter zu stellen, da dadurch die Wohnung beziehungsweise die Außenwände zu sehr auskühlten. „Zudem braucht man abends dann ein Mehrfaches an Energie, um die Zimmer wieder warm zu bekommen. Besser ist es, die Heizung, wenn man mehrere Stunden nicht zu Hause ist, auf 18 bis 19 Grad Celsius zu drehen.“

Was tun, wenn der Schimmel schon da ist?

Insgesamt sollte die Luftfeuchtigkeit in den Räumen nicht zu hoch sein: „Ab 55 Prozent Luftfeuchtigkeit fange ich an, böse zu werden“, sagt Konieczny. Mit 35 bis 45 Prozent liege man gut. Messen lässt sich die Luftfeuchtigkeit mit einem Hydrometer, den es in jedem Baumarkt gibt. So könne man im Zweifel gezielt gegensteuern und es dem unbeliebten Mitbewohner so unattraktiv wie möglich machen, sich anzusiedeln.

Aber was tun, wenn der Schimmelpilz bereits da ist? Auch da weiß Konieczny Rat: Ist der Schimmel in der Größenordnung einer Scheckkarte, soll man ihn mit Alkohol abwaschen und beobachten. Hat er eine Größe von weniger als einem halben Quadratmeter, reicht es eventuell ebenfalls, ihn mit Alkohol abzuwaschen. Ist er aber intensiver, muss man die Tapete rausschneiden, den Putz kontrollieren und die Ursache feststellen und abstellen. Ab einer Größe von mehr als einem halben Quadratmeter sollte die Fläche durch eine schimmelpilzzertifizierte Fachfirma analysiert und saniert werden.