Nach Sanierungsarbeiten bei Air Berlin und der Bahn soll der 70-Jährige nun die Berliner Airport-Krise lösen – für ein Jahresgehalt zwischen 500 000 und einer Million Euro. Die Reaktionen auf die Personalie sind gespalten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Erneut übernimmt Hartmut Mehdorn einen schweren Sanierungsfall mit ungewissen Erfolgsaussichten. Als neuer Chef der staatlichen Berliner Flughäfen soll der 70-jährige Manager das Desaster beim Hauptstadtflughafen lösen helfen. Die Berufung des früheren Bahnchefs stößt besonders bei den Grünen auf Ablehnung. Schon nächsten Montag soll Mehdorn für drei Jahre den seit Wochen vakanten Führungsposten bei der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg übernehmen, wie Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD) bestätigte. Der bisherige Geschäftsführer Rainer Schwarz war bereits im Januar wegen des Termin- und Kostendesasters beim Bau des Flughafens entlassen worden. Danach sollte der frühere Vorstandschef des Frankfurter Airports, Wilhelm Bender, als Retter in Berlin antreten. Doch dessen Berufung scheiterte an Querelen in der Flughafenholding, die dem Bund und den beiden Ländern gehört.

 

Mehdorn soll als Vorsitzender der Geschäftsführung die Gesamtverantwortung für die Berliner Flughäfen übernehmen. Der neue Hauptstadt-Airport BER in Schönefeld sollte eigentlich schon seit vorigem Sommer in Betrieb sein, die Eröffnung scheiterte jedoch an zahlreichen Baumängeln vor allem beim Brandschutz. Die Kosten sind mittlerweile auf mindestens 4,3 Milliarden Euro explodiert, ein neuer Starttermin steht bisher nicht fest. Bis zum Start des Flughafens müssen nun die bisherigen Airports in Tegel und Schönefeld (alt) weiter betrieben werden.Die Berufung von Mehdorn stößt auf unterschiedliche Reaktionen. Es sei „ein guter Schritt nach vorne“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der wegen der Kostendebakels seinen Vorsitz im Aufsichtsrat abgegeben hat. Der SPD-Politiker hatte mit Mehdorn während dessen Zeit als Chef der Deutschen Bahn zahlreiche Streitigkeiten ausgefochten, unter anderem wegen der zeitweisen Absicht des Konzernchefs, den Firmensitz von Berlin nach Hamburg zu verlegen.

Die Grünen kritisieren die Berufung Mehdorns scharf

Die Grünen sehen die Berufung als Fehler. „Es fehlt Mehdorn an der Kompetenz, um solch ein schwieriges Unternehmen wie diese Flughafengesellschaft zu meistern“, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter, der Stuttgarter Zeitung. Angesichts der politischen Interessenlage und der zerfahrenen Lage seien Diplomatie und Fingerspitzengefühl gefragt, die Mehdorn fehlten. Gerade im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, so Hofreiter weiter, seien zudem „die unglaublichen Daten- und Schnüffelskandale unter Mehdorns Führung unvergessen, die dann zu seiner Ablösung führten“. Auch die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Renate Künast, kritisierte die Personalentscheidung scharf. „So setzt sich die Flughafengesellschaft endgültig dem Gespött aus“, sagte Künast „Spiegel online“. Gebraucht werde ein erfahrener Manager. Mehdorn dagegen habe als Bahnchef zehn Jahre lang das Milliardengrab Stuttgart 21 betrieben. Die Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, verwies auf die massiven Probleme bei der Berliner S-Bahn. Die Tochterfirma der Deutschen Bahn habe bis heute mit den Folgen des Sparkurses unter Mehdorn zu kämpfen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bestätigte die Berufung schon vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Aufsichtsrat und betonte, er freue sich über die Personalie. Mehdorn verfüge über „hervorragende Managementfähigkeiten sowie ein Höchstmaß an wirtschaftlicher und technischer Kompetenz“. Der Manager folge „einer patriotischen Berufung“ und stelle sich einer Aufgabe „von nationaler Tragweite“. Das Gehalt Mehdorns soll dem Vernehmen nach zwischen einer halben und einer Million Euro pro Jahr liegen. Erst Anfang Januar war der 70-jährige überraschend als Vorsitzender der krisengeschüttelten Fluglinie Air Berlin zurückgetreten, wo er als Vertrauter seines gescheiterten Vorgängers Joachim Hunold eine schmerzhafte Schrumpfkur eingeleitet hatte. Die Bilanz seiner 16-monatigen Amtszeit als Sanierer gilt als mäßig, der arabische Großaktionär Etihad hatte die Geduld verloren. Allein seit Mehdorns Amtsantritt büßte die Aktie nochmals fast die Hälfte ihres Werts ein. Besonders pikant ist, dass Air Berlin noch unter Mehdorn eine Schadenersatzklage gegen die Berliner Flughäfen wegen der gescheiterten Airport-Eröffnung eingeleitet hat, die der Fluglinie Millionenverluste beschert. Nun sitzt der Manager auf der anderen Seite und betont, die Klage werde wegen eines möglichen Interessenkonflikts nicht auf seinem Schreibtisch liegen. Am liebsten sei ihm dennoch „eine gütliche Einigung“.