Mit Alkohol konnten kleine Landwirtschaftsbetriebe einen sicheren Nebenwerb einkalkulieren. Das ist bald vorbei. Fallen für das Hauptzollamt Stuttgart dann noch weniger Steuern ab?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Schnaps – das war sein letztes Wort? Unzählige Kleinbauern im Südwesten, die ihr Obst per Abfindungsbrennerei zu Branntwein verarbeitet haben, dürften diesen Nebenerwerb wohl aufgeben müssen. Staatliche Subventionen mit Garantiesummen durch das sogenannte Branntweinmonopol fallen im nächsten Jahr weg – die EU will Brennfreiheit für alle. „Für kleine Selbstvermarkter kann die Änderung das Aus bedeuten“, sagt Angelika Kaag, Chefin des Hauptzollamts Stuttgart. Die Behörde ist für alle 26 000 Abfindungsbrennereien in der Bundesrepublik zuständig.

 

Dass der strenge Frost in diesen Tagen große Teile der diesjährigen Obsternte vorab vernichtet haben könnte, beschäftigt auch den Zoll. Der dürfte dann auch 2017 weniger Branntweinsteuer kassieren. „Schon 2016 war kein gutes Jahr“, so Amtsleiterin Kaag am Freitag bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Hauptzollamts. Mit 22,3 Millionen Euro nahm die Behörde vier Millionen Euro weniger ein als im Jahr davor.

An der Uni köchelt der Vogelbeergeist

Fünf Millionen Liter Alkohol sind bundesweit über sogenannte Abfindungsbrennereien hergestellt worden. Drei Millionen sind der staatlichen Monopolgesellschaft für Industriealkohol geliefert worden – für eine Garantiesumme. Diese Subvention fällt 2018 weg. Abfindungsbrenner zahlen eine Pauschalsteuer für die Menge der verwendeten Obstmaische. Die Menge des gewonnenen Alkohols ist dann egal – im Gegensatz zu den Verschlussbrennereien, die den tatsächlich erzeugten Alkohol anmelden, dafür aber während der Produktion steuerfrei bleiben.

Das Aus für regionale Obstbrände? „Das trifft die kleinen Erzeuger, die über ihren Hofladen verkaufen müssen“, sagt die Stuttgarter Zollchefin, „der Trend geht sicherlich eher in Richtung Großerzeuger.“ Aber auch in Richtung Nischenanbieter: „Jetzt sind die Brennrechte leichter für alle zu erwerben“, sagt Philipp Schwarz, Betriebsleiter der Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim, „die Konkurrenz wird größer.“ Die Steuer für den reinen Alkohol ist immerhin ermäßigt – ein Trostpflaster. Wer brennen will, sollte allerdings die neuesten Trends kennen. Whisky und Gin stehen hoch im Kurs. Schwarz ließ am Freitag Vogelbeergeist köcheln.

31 000 Zigaretten im Reisegepäck

Die Jahresbilanz des Hauptzollamts weist für 2016 immerhin in anderen Bereichen Erfolgszahlen auf. So hatten Schmuggler wenig zu lachen: Waren im Wert von 1,4 Millionen Euro sind von Zöllnern abgefangen worden – im Jahr davor betrug der Wert lediglich 800 000 Euro. Spektakulärster Fall am Flughafen: 31 000 Zigaretten, die eine 29-jährige Touristin aus Russland in zwei Koffern zu schmuggeln versucht hatte.

Zunehmend Bedeutung bekommen auch die Verkehrsfahnder im Fernbusverkehr. „Hier können sich auch Straftäter und Schmuggler anonym bewegen“, sagt Zollchefin Kaag. Im Oktober vergangenen Jahres etwa konnten Stuttgarter Zollbeamte auf der Autobahn 8 einen Drogenschmuggler mit knapp 1,4 Kilogramm Marihuana aufspüren. Das Rauschgift war in sieben Paketen unter dem Reserverad sowie unter der Rücksitzbank des Fahrzeugs versteckt.

Mehr Millionen-Schaden durch Schwarzarbeit

Erfolge melden auch die Schwarzarbeit-Fahnder: So konnten 21,4 Millionen Euro Schaden aufgedeckt werden, der den Sozialkassen durch illegal Beschäftigte entstanden wäre. Im Jahr davor konnte das Dunkelfeld mit 14,9 Millionen Euro etwas weniger erhellt werden. Dabei haben die Fahnder 2016 weniger Beschäftigte unter die Lupe genommen als im Jahr davor. „Wir konzentrieren uns auf die großen Fische und versuchen Nachzahlung und Strafen zeitnah einzutreiben“, sagt Hans-Dieter Kainzbauer-Hilbert von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Wenig Probleme gebe es auf der Großbaustelle Stuttgart 21, wo der Zoll ständig vertreten ist, so der Fahnder: „Das entwickelt sich zu einer Musterbaustelle.“