Pforzheimer Studenten haben sich über extravagante Unterwäsche Gedanken gemacht. Ihre Unikate sind in Stuttgart im Haus der Geschichte zu sehen. Nicht immer geht es darum, dass die Stücke bequem sind oder reizvoll ausehen.

Stuttgart - Wer sich Gedanken macht, was er anziehen soll, denkt dabei selten an Büstenhalter oder Boxershorts. Unterwäsche ist schlicht. Und meist weiß. Man zieht sie an und fertig.

 

Alles andere als schlicht sind hingegen die Unterwäsche-Kreationen von 29 Studierenden der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim, die in der Ausstellung „Experimentelles auf nackter Haut“ im Stuttgarter Haus der Geschichte bis zum 16. Juli zu sehen sind. Bei den Ausstellungsstücken „gibt es jedoch kein Feinripp oder anderes übliches Unterwäsche-Material zu sehen“, sagt Paula Lutum-Lenger, Ausstellungsleiterin des Hauses der Geschichte, „sondern ausschließlich Nessel“. Als Basismaterial haben die Studierenden damit in unterschiedlichen Herangehensweisen individuelle Designs ausgearbeitet. „Wir wollten ein biologisches Material zum Experimentieren. Das hat etwas Authentisches und Ehrliches“, sagt Kursleiter Thomas Pekny von der Hochschule Pforzheim über den Grundstoff.

Dicke Nesselschläuche formen breite Hüften

Neben ganz ungewöhnlichen Konzepten, bei denen sich der Nessel wie eine Schlange um den Körper windet, gibt es unter den Kreationen der Pforzheimer auch nüchterne Werke wie das von Mara Laibacher. Die 20-Jährige gab ihrer Idee den Titel „Deformed Body“ und hinterfragt dabei die Idealform der weiblichen Figur. Dicke Nesselschläuche formen breite Hüften und deuten viel Bauchspeck an. Als Oberteil fungiert eine Mütze, von der zwei tropfenartige Säcke herabhängen, die auf den ersten Blick aussehen wie ein Schal, aber eigentlich zur Abdeckung der Brüste dienen. „Die Tropfen sind mit Styropor-Kügelchen gefüllt. So passen sie sich jeder Brustform an“, so Laibacher. Die Form der Tropfen suggeriert es schon: Dieser Büstenhalter ist auch für schlaffe Brüste gedacht. Die Mütze hingegen sei ein Zeichen der Schüchternheit, „dafür, dass man sich manchmal seiner Formen schämt und sich dann gern unter dieser Mütze verbergen würde“, sagt Laibacher.

Wie Laibachers Ausstellungsstück sind die meisten Unterwäsche-Kreationen für Frauen gedacht. Nur vier Werke sind für Männer gestaltet worden. Eines davon hat Alex Werth hergestellt. Der 24-Jährige spricht bei seiner Konzeption vom sogenannten Cross-Dressing: „Ich habe männliche und weibliche Elemente miteinander vereint“, so Werth. Dabei ist eine Mischung aus klobiger Taucherhose und Fetisch-Streifenshirt entstanden, die mit schwarzen Umreifungsbändern zusammengehalten wird. „Die Bänder sind Nervenfasern, die beide Geschlechter zusammenbringen“, sagte Werth, der zuvor Biologie studiert hat und sich davon inspirieren ließ.

Mitte Juli ist eine Modenschau geplant

Sein Werk, das er „Liebschaften“ nennt, wird neben den anderen Ausstellungsstücken am 16. Juli um 19 Uhr im Haus der Geschichte in einer Liveshow von Models getragen und vorgestellt. Auch Mara Laibachers Kreation über den üppigen Frauenkörper wird zu sehen sein. Laibacher hat eine Vorgabe: Das Model werde die Mütze der Schüchternheit, an dem die zwei tropfenartigen Säcke hängen, nicht aufsetzen: „Als Zeichen des Selbstbewusstseins. Sie soll zu ihren Kurven stehen.“