Vor 70 Jahren, am 14. Oktober 1944, ist der General zum Selbstmord gezwungen worden – das NS-Regime verdächtigte ihn der Mittäterschaft beim Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944. Tatsächlich scheint Rommel die Pläne gekannt zu haben: Das legen neue Quellen und Veröffentlichungen nahe.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Als die Generäle Wilhelm Burgdorf und Ernst Maisel am 14. Oktober 1944 bei Generalfeldmarschall Erwin Rommel erschienen, gaben sie ihm gerade eine Viertelstunde Zeit, um eine Entscheidung zu treffen: Rommel wurde der Mittäterschaft bei dem Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli verdächtigt und konnte wählen zwischen einer Anklage vor dem Volksgerichtshof oder – dem erzwungenen Freitod. Rommel starb kurze Zeit später im Wagen der Todesengel, nachdem er eine Kapsel Zyankali geschluckt hatte.

 

Über Jahrzehnte hinweg hat sich nicht nur die Historikerzunft, sondern auch eine breite Öffentlichkeit darüber gestritten, ob Erwin Rommel zum Widerstand gegen das NS-Regime gehörte oder ob er doch vor allem Hitlers Lieblingsgeneral war. Der umfangreiche Nachlass von Erwin Rommel liegt im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart und wird von der Historikerin Cornelia Hecht betreut. Sie ist deshalb eine der besten Kennerinnen der Biografie Rommels. Und sie sagt: man müsse Rommels Handeln in all seiner Ambivalenz sehen. Er war lange ein loyaler Mann des verbrecherischen NS-Regime – doch in seiner Zeit in Frankreich 1944 habe er erkannt, dass der Krieg im Westen nicht mehr zu gewinnen sei. Mehrmals habe er Hitler deshalb aufgefordert, die Konsequenzen daraus zu ziehen und eine einseitige Kapitulation anzubieten. Zuletzt war dies in einem Memorandum am 15. Juli der Fall. So weit war kein General bei Hitler je gegangen. Als der „Führer“ schwieg, war der Bruch wohl vollkommen.

Rommel gehörte aber nicht zum engeren Kreis

In diese Phase im Juni und Juli 1944 fallen zudem mehrere Gespräche, die Rommel an der Westfront geführt hat. Er versuchte dabei, einige Generäle und vor allem die SS davon zu überzeugen, dass diese nach der Kapitulation seinen Befehlen folgten. Für Cornelia Hecht ist es mittlerweile sehr wahrscheinlich, dass Rommel zu diesem Zeitpunkt seine eigenen Pläne der Kapitulation mit jenen des Widerstands verband. Er gehörte zwar nicht zum engeren Kreis des Widerstands, so glaubt Hecht, war aber eingeweiht und hätte, wenn er am 17. Juli nicht verwundet worden und das Attentat gelungen wäre, an der Westfront eine wichtige Rolle übernehmen sollen. In dieser Einschätzung ist sie sich mit Peter Lieb einig, der 2013 in einem Aufsatz in den „Vierteljahresheften für Zeitgeschichte“ nach ausführlicher Bewertung der Quellen zum gleichen Ergebnis kommt.

Mehrere Quellen legen nahe, dass Rommel Bescheid wusste

Eine der Quellen sind die erst seit 2005 bekannten Abhörprotokolle deutscher Generäle in britischer Gefangenschaft. Darin äußerte General Heinrich Eberbach, Rommels direkter Untergebener, im September 1944, dass Rommel keinen anderen Weg mehr gesehen habe, als dass „wir den Führer und seine engste Sippschaft möglichst schnell umbringen“. Die Quelle ist teils umstritten, doch für Cornelia Hecht ist sie authentisch: „Warum hätte Eberbach lügen sollen? Er wusste doch gar nicht, dass er in der Gefangenschaft abgehört wurde.“

Für sehr belastbar hält Peter Lieb daneben eine Aktennotiz von Martin Bormann, dem Leiter der NSDAP-Parteikanzlei: Darin heißt es am 28. September 1944, dass „Rommel durchaus im Bilde gewesen“ sei. So schickte Hitler seine Generäle los.