Wie war das Verhältnis zwischen Ihrem Vater und Carl Laemmle?
Sie trafen sich wohl 1929 zum ersten Mal auf einer Party für den Grafen Zeppelin in Friedrichshafen. 1937 schrieb mein Vater an Laemmle, dass er in die USA kommen wollte – und erhielt von ihm dann das Affidavit. Von Le Havre kam er mit dem Schiff im Februar 1938 in New York an. Laemmle holte ihn von der SS Champlain ab, und mein Vater war dann 19 Monate lang so etwas wie ein Hauslehrer bei Laemmle. Als Laemmle im September 1939 starb, war er einer der Sargträger – als einziger derjenigen, die über die Affidavits in die USA gekommen waren. In einem Nachruf wird er als „Flüchtling aus Laupheim“ bezeichnet. Das legt den Schluss nahe, dass mein Vater und Laemmle sich sehr nahe standen, schließlich galt es als eine große Ehre, Sargträger zu sein.
Wie ging es für Ihren Vater weiter?
Meine Mutter erzählte mir einmal, dass es später eine Auseinandersetzung mit dem Sohn Laemmles gab, mein Vater sprach nie darüber. Jedenfalls kam mein Vater nach Detroit, er heiratete und dann wurde ich 1945 geboren. Später ging die Familie nach Kalifornien, mein Vater arbeitete in einer Fabrik. In dieser Zeit besuchten wir auch Laemmles Tochter Rosabelle und ihren Ehemann in Beverly Hills. Da war ich sechs oder sieben Jahre alt. Ich erinnere mich noch gut an die schönen Häuser und großen Gärten. So wohnten wir damals nicht.
Was war aus Ihrer Sicht die Motivation für Laemmle, die Bürgschaften zu geben?
Ich weiß es nicht. Aber Laemmle wusste, wie es um die Juden in Deutschland stand. Er schrieb schon im Januar 1932, dass es sehr hart werden würde für die Juden, wenn Hitler an die Macht kommen würde. Das war ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung. Er sah vorher, was kommen würde. Und ich glaube, er wollte den Leuten aus Laupheim und Umgebung helfen, weil dort seine Heimat war. Als seine Affidavits von den Einwanderungsbehörden nicht mehr anerkannt wurden, schrieb er Briefe an Freunde, dass sie die Bürgerschaften unterschreiben.