Vom Frühjahr an baut der Leonberger Verein Atrio ein Haus für Menschen mit und ohne Behinderung in Weil der Stadt.

Weil der Stadt - Herr Bürgermeister, wann kann ich endlich bei Ihnen einziehen?“ Das war erst kürzlich, als der Mann im Rollstuhl auf Thilo Schreiber zugekommen ist. Bisher wohnt er noch in einem der Atrio-Wohnheime in Leonberg.

 

In zwei Jahren etwa könnte er nach Weil der Stadt umziehen. „Ende Mai oder Anfang Juni wollen wir anfangen zu bauen“, verkündet Bernhard Siegle, der Vorstand und Geschäftsführer des Leonberger Atrio-Vereins. Zusammen mit dem Weiler Bürgermeister steht er auf dem Areal, auf dem der neue Wohnkomplex entstehen soll, und gibt den Startschuss für das Millionenprojekt.

Baugenehmigung am 13. Dezember

Früher war hier der Gasthof, später die Pizzeria Linde. Auch heute noch läuft das Projekt bei der Atrio unter dem Stichwort „Linde-Areal“. Und genau hierfür hat der Verein am 13. Dezember die Baugenehmigung bekommen.

Etwa 30 Menschen sollen hier einmal wohnen. Zehn stationäre Wohnplätze für Menschen mit Unterstützungsbedarf sind geplant, dazu zehn Ein-Zimmer-Apartments. Hinzu kommen vier Wohnungen, in die auch Menschen ohne Behinderung einziehen sollen, um verschiedene Wohnformen zu durchmischen.

Startschuss für die Bagger ist im Frühsommer, mit einer Bauzeit von etwa zwei Jahren rechnet Bernhard Siegle. „Jetzt sind wir erst einmal einen Meilenstein weitergekommen“, sagt er und zeigt sich erleichtert. Denn an einer Wohneinrichtung für Menschen mit und ohne Behinderung in Weil der Stadt arbeitet die Atrio schon seit etwa zehn Jahren. Erst musste ein geeignetes Grundstück her, dann musste er mit der Stadt verhandeln. Im September 2015 schließlich gab der Weiler Gemeinderat dem Leonberger Verein den Zuschlag für das Linde-Areal.

„Uns hat vor allem die Inklusion, also die Verbindung von Menschen mit und ohne Behinderung, überzeugt“, sagt Bürgermeister Thilo Schreiber. Dass es jetzt nochmals zwei Jahre vom Gemeinderatsbeschluss bis zur Baugenehmigung gedauert hat, erklärt er vor allem mit dem komplizierten Areal, das zum großen Teil unter Denkmalschutz steht. „Da hatte unser Baurechtsamt einige Diskussionen mit dem Denkmalamt“, berichtet Schreiber.

Denkmalschutz macht Schwierigkeiten

Denn der Komplex, der von außen so einheitlich aussieht, besteht eigentlich aus etwa einem halben Dutzend Häusern, von denen einige mehr als 300 Jahre alt sind. „Allein der Dachstuhl besteht aus zwei Ebenen“, sagt Atrio-Geschäftsführer Bernhard Siegle. Auch alte Türen sind in den Gebäuden einige erhalten.

„Und das alles wollen wir erhalten und in den Neubau integrieren“, kündigt Siegle an. Denn abgerissen werden soll nur der Teil, in dem früher die Reinigung gewesen ist. Dort entsteht ein Neubau. Die weiteren Häuser will die Atrio sanieren. „Alles wird natürlich komplett barrierefrei“, sagt Siegle. „Das in den Bestand einzubauen – das ist natürlich sehr aufwendig.“

4,2 Millionen Euro investiert der Leonberger Verein in das Projekt, um das Grundstück zu erwerben und umzubauen. 730 000 Euro Zuschüsse gibt es dafür aus mehreren Fördertöpfen. Um das Projekt zu begleiten und den Bau zu unterstützen, stellt der Verein schon jetzt einen Sozialpädagogen ein. „Er wird die Anwohner informieren und Interessenten gewinnen und beraten“, erklärt Atrio-Chef Bernhard Siegle. Dass es genügend Bedarf für die Behindertenplätze in Weil der Stadt gibt, daran lässt er keinen Zweifel. Weil der Städter, die momentan noch in Leonberg wohnen, werden dann zum Beispiel wieder in ihre Heimatstadt ziehen.

Thilo Schreiber freut sich indes, dass es endlich konkret losgeht. „Ich erhoffe mir auch einen städtebaulichen Impuls in diesem Eck hier“, sagt er. Dazu gehört auch ein Ladengeschäft, das in das Linde-Areal eingeplant und später vermietet wird. Und ein Bürgertreff, auf den Bernhard Siegle besonders stolz ist. „Das ist durchaus auch der Unterschied zu anderen Projekten dieser Art“, sagt er. „Da werden sich Bürger und Bewohner dann begegnen.“