Beim sechsten Tag der offenen Tür in der Geschäftsstelle von Haus & Grund in Stuttgart herrschte reger Andrang. Schon vor Eröffnung standen die Menschen Schlange. Am Rande setzte es heftige Kritik an der Ratsmehrheit.

Stuttgart - Stuttgarts Haus- und Grundbesitzer sind offenbar angesichts immer neuer Vorstöße der Gesetzgeber zum Thema Wohnen verunsichert und haben erhöhten Beratungsbedarf. Darauf lässt jedenfalls die Zahl von 750 Besuchern beim sechsten Tag der offenen Tür des Haus- und Grundbesitzervereins schließen. „Um zehn Uhr ging’s los, aber schon um 9.30 Uhr standen die Leute vor der Tür“, berichtete Geschäftsführer Ulrich Wecker.

 

Neben kurzen Fachvorträgen rund um die Immobilie war vor allem die Rechtsberatung gefragt – etwa in Sachen Energieausweis oder Mieter-Solvenz-Check. Auch rund um Fragen der Bautechnik sowie bei der Wertschätzung einer Immobilie hatten Haus-&-Grund-Experten in die Geschäftsstelle gebeten. Dass der Service auch neue Mitglieder generieren soll, daraus macht Wecker kein Geheimnis. Die Stuttgarter Häuslebesitzer-Lobby will in diesem Jahr die 20 000er-Marke durchbrechen. Der Vorsitzende Klaus Lang betonte, die hiesige Interessenvertretung habe den zweitstärksten Mitgliederzuwachs bundesweit zu verzeichnen. „Es kommt ja auch beinahe jeden Tag etwas Neues auf die Hausbesitzer und Vermieter zu“, so Lang. Die Belastung für seine Klientel sei groß: „Viele fragen, ob sich Eigentum überhaupt noch lohnt?“

Außerparlamentarische Opposition gegen ökosoziale Mehrheit

Am Rande des Tags der offenen Tür ließen Lang und Wecker erneut keinen Zweifel daran, dass die ökosoziale Mehrheit im Gemeinderat nach ihrer Ansicht eine Politik zu Lasten der Haus- und Grundbesitzer betreibe. Brandschutzauflagen, Baumsatzung, Mietpreisbremse, die Diskussionen über das Zweckentfremdungsverbot sowie mögliche Sanktionen gegen Hausbesitzer, die ihre Immobile leer stehen lassen – die Liste der Beschwerden ist lang. Haus & Grund begreift sich als größte außerparlamentarische Opposition gegen Grüne, SPD und SÖS/Linke.

Scharf kritisierte der Verein etwa die Aktion von Vertretern der Linkspartei, unterstützt vom Mieterverein, die via Internet-Leerstandsmelder nicht bewohnte Häuser oder Wohnungen registrieren. Wecker sprach von „Denunziantentum“, Lang von „klassenkämpferischen Methoden“. Eine Leerstandsquote von drei Prozent sei für eine Großstadt normal, betonte Wecker. Der frühere CDU-Finanzbürgermeister Lang warf zudem der SPD – Lang spricht gern von „den Sozis“ – vor, sich etwa bei der Frage des Zweckentfremdungsverbots, also der Umwandlung von Wohnungen in Büros, profilieren zu wollen: „Inzwischen werden mehr Büros in Wohnungen umgewandelt, das ist die Realität.“

OB Kuhn zählt auch nicht zum Freundeskreis

Die derzeitige „linke Mehrheit“ im Rat sei für „unser Geschäft nicht förderlich“, so Lang. Die Grünen und der grüne Rathauschef Fritz Kuhn hätten sich freilich bei den letztgenannten Fragen differenziert geäußert. Lang stellte aber klar: „Der OB zählt nicht zu unseren auserwählten Freunden.“ Das hätte Lang nicht extra betonen müssen: Im Treppenaufgang ziert ein Plakat zu seinem 75. Geburtstag die Wand. Darauf steht unter dem Bild des Jubilars: „Der dem OB die Leviten liest“.