Die Ampelkoalition überlebt – und ihre Spitzen haben sich auf einen Entwurf für einen Haushalt geeinigt. Da steckt einiges Vernünftiges drin. Aber es könnte noch einige Überraschungen geben, kommentiert unser Korrespondent Tobias Peter.
Warum hat das alles so lange gedauert? Es handele sich um „so ein gelungenes Kunstwerk, dass wir darauf auch jedes bisschen Zeit verwenden wollten“, sagt Kanzler Olaf Scholz – ganz unbescheiden. Der Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 ist ein Werk, das nach und nach enthüllt wird. Es ist noch nicht sicher, welche Überraschungen auf die Menschen im Land warten. Und: Der Haushaltsgesetzgeber ist das Parlament. Es wird noch Veränderungen geben.
Die Ampel lebt noch – und mit der ersten Einigung beim Haushalt ist es deutlich wahrscheinlicher geworden, dass sie es bis zum Ende der Legislaturperiode schafft. Viele Menschen sehen in der Koalition mittlerweile ein Kind, das man zu Hause besser nicht zu lang allein lässt. Eben, weil man hinterher die ganze Wohnung renovieren muss: wegen des, nun ja, „Gesamtkunstwerks“, das es dann an den Wänden hinterlässt. Der vorgelegte Haushalt ist kein großer Wurf. Er löst die perspektivischen Probleme bei der Finanzierung der Verteidigung sicher nicht. Aber in Zeiten, in denen in Frankreich große Veränderungen anstehen, ist er ein Zeichen der Stabilität.
Mehr Anreize für Beschäftigung
Es ist gut, dass Scholz, Vize-Kanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner nicht nur nach möglichen Sparbeträgen gesucht haben. Die Spitzen der Ampelkoalition haben sich auch auf Maßnahmen verständigen können, die das Wachstum ankurbeln sollen: darunter beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage. Dazu soll es Anreize für mehr Beschäftigung geben: sowohl für diejenigen, die schon Rente beziehen, als auch für Langzeitarbeitslose. Das ist die richtige Stoßrichtung.
Dass Scholz, Habeck und Lindner jetzt einen Haushaltsentwurf vorlegen, ohne die Schuldenbremse auszusetzen, war absehbar. Jeder, der Finanzminister Lindner kennt, muss gewusst haben, dass es so kommen würde – auch der Kanzler, der unter dem Druck der SPD stand, einen Notlagenbeschluss durchzusetzen. Das wäre aktuell auch ein juristisch sehr kippliges Instrument gewesen – für eine Koalition, deren Haushalt besser nicht noch einmal vom Verfassungsgericht verworfen werden sollte.
Sinnvoll wäre dagegen eine Reform der Schuldenbremse, die langfristig mehr Investitionen ermöglicht. Dafür bräuchte es aber auch die Zustimmung der Union. Es ist hochwahrscheinlich, dass sie da mitmacht – nur eben nicht, solange sie in der Opposition sitzt. Der Wunschtraum von CDU-Chef Friedrich Merz dürfte es sein, sich die Änderung, die er als Kanzler selbst dringend bräuchte, in Koalitionsverhandlungen von SPD oder Grünen abtrotzen zu lassen. Das ist taktisch klug. Besser für das Land wäre es allerdings, er würde sich jetzt bewegen.
Reale Verbesserungen für Kinder
Vernünftig ist, was sich in der Haushaltseinigung auch für die umstrittene Frage einer Kindergrundsicherung abzeichnet. Die einmal anvisierten 5000 zusätzlichen Stellen, mit denen das Extrageld nicht unwesentlich in die Verwaltung geflossen wäre, sind jedenfalls nicht geplant. Dafür gibt es reale Erhöhungen beim Kindergeld und beim Kindersofortzuschlag.
Die Dreierrunde aus Scholz, Habeck und Lindner hat zwar quälend lange verhandelt. Aber sie hat – auch wenn bis zum Ende immer wieder das Scheitern drohte – ein Ergebnis zustande gebracht. Sie ist vielleicht sogar das einzige Gremium in der Ampel, das funktioniert. Die drei Parteien, die sich gegenseitig fürchterlich nerven, werden im kommenden Jahr weiter auseinander driften. Für alle drei ist allerdings eins entscheidend für die Frage, ob sie wieder aus dem Umfragetief kommen: Deutschland braucht deutlich mehr Wirtschaftswachstum und Zukunftszuversicht. Es bleiben viele Fragezeichen.