Es reicht nicht, wenn die Regierung ständig neue Programme auflegt. Der Blick auf die vielen Schattenhaushalte zeigt: Es hapert an der Umsetzung, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - In Zeiten voller Kassen ist aus einer Ausnahme die Regel geworden: Die Sonderfonds und Extrareserven im Bundeshaushalt haben ein Ausmaß erreicht, das kaum noch zu durchschauen ist. Die Zahl der Sondertöpfe zum Klimaschutz oder für Hilfen an Kommunen sind inflationsartig gestiegen. Der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich besonders erfinderisch. Es wurden viele neue Töpfe befüllt. Dabei handelt es sich um Schattenhaushalte, die neben dem Bundeshaushalt geführt werden. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Es zeigt sich, dass selbst in Sonderprogrammen in Milliardenhöhe kaum Geld abfließt. Besonders ärgerlich ist das beim Thema Schulsanierung oder beim Ausbau der Ladesäulen für Elektroautos. Die Initiativen kommen nur langsam voran. Viele Sonderprogramme erweisen sich als Ladenhüter. Selbst in Bereichen, in denen die Regierung auf das Tempo drückt, tritt die Verwaltung auf der Stelle. Im vergangenen Jahr herrschte auf den Dieselgipfeln Einigkeit, dass die Programme zur Luftverbesserung schnell umgesetzt werden müssen. Bisher ist kaum Geld abgeflossen. Aus Sicht der Bürger ist das enttäuschend, denn die versprochenen Verbesserungen kommen nicht an. In der Regierung fehlt es an einer Gesamtsteuerung. Anstatt ständig neue Sondertöpfe aufzulegen, muss sich die Politik stärker darum kümmern, wie das Geld ausgegeben wird. Nur dann erreichen die Leistungen auch die Bürger.

 

Die Schattenhaushalte müssen durchforstet werden

Die Regierung sollte die vielen Schattenhaushalte durchforsten. In der Praxis dienen sie dem Bundesfinanzministerium vor allem dazu, Reserven für schlechte Zeiten anzulegen. Ein gutes Beispiel ist die Flüchtlingsrücklage, die seit 2016 Jahr für Jahr gebildet wird. Das Geld soll dazu dienen, die Kosten für Unterbringung und Integration der Asylbewerber zu decken. Wegen der sprudelnden Steuerquellen wird die Rücklage aber nicht benötigt. Inzwischen haben sich auf diese Weise 24 Milliarden Euro angesammelt – das ist mehr als der jährliche Forschungsetat. Der Extraposten könnte 2018 auf 30 Milliarden Euro steigen. Das Geld sollte für Zukunftsinvestitionen genutzt werden. Zuerst muss die Koalition aber Strukturen schaffen, dass die Mittel ankommen.