Der Gemeinderat verabschiedet den Haushalt 2023. Der Bürgermeister übt scharfe Kritik an immer mehr Vorgaben aus der Bundes- und Landespolitik.

„Manche hier im Saal werden nun vielleicht die Meinung vertreten, da sitzt der Seiß wieder da vorne und haut einen raus. Soweit, so richtig“, sagte der Bürgermeister in seiner einleitenden Rede zum Haushaltsplan für 2023 in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Aber die ganze Emotion, so fuhr er fort, gepaart mit einigem Frust, speise sich dabei ganz konkret aus dem, was das gesamte Rathausteam tagaus, tagein vor Ort erlebe und oft genug mit einem Kopfschütteln zur Kenntnis nehme und hernach dann umsetzen müsse. Es kämen ständig neue gesetzliche Standards mit entsprechendem Arbeitsaufwand hinzu, daher gebe es ein geregeltes Abarbeiten des auch nicht geringen Tagesgeschäfts seit Jahren nicht mehr, kritisierte er die Vorgaben aus Bund und Land. Wenn es deshalb bei den Friolzheimern Zukunftsprojekten wie der Neugestaltung des Marktplatzes oder dem Freizeitkonzept nur schleppend vorangehe, liege das zum ganz überwiegenden Teil nicht an der Gemeindeverwaltung. Vor allem die Flüchtlingspolitik, eine verfehlte Energiepolitik oder den Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung nahm er aufs Korn. Die übergeordnete Politik habe einen stetig steigenden Einfluss auf den Gemeindehaushalt, so Michael Seiß.

 

Der Haushalt hat ein Volumen von gut zehn Millionen Euro

Doch der Friolzheimer Haushalt, den die Kämmerin Pia Hasenmaier aufgestellt hat, kann sich mit einem Volumen von gut zehn Millionen Euro und geplanten Investitionen von etwa 1,5 Millionen Euro sehen lassen – trotz Inflation und steigender Energiepreise. Dabei muss Friolzheim mit der Rekordsumme von 1,9 Millionen Euro eine um knapp eine halbe Million deutlich höhere Kreisumlage als im Vorjahr zahlen, weil zum einen der Kreistag eine Erhöhung der Kreisumlage von 28,5 auf 29,9 Prozentpunkte beschlossen hat und zum anderen jetzt eine höhere Steuerkraftsumme aus dem Jahr 2021 zu Buche schlägt. Mehr als ein Drittel aller Aufwendungen, rund vier Millionen Euro, machen die Ausgaben für das Gemeindepersonal aus, davon 2,3 Millionen, etwa 59 Prozent, für die Beschäftigten in Kitas und Krippen. „Das ist sehr viel Geld, das uns unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber wert sind und im Hinblick auf den sich immer weiter verschärfenden Konkurrenzkampf um Fachpersonal auch wert sein müssen“, betonte der Bürgermeister. Umgekehrt müssten aber auch die Nutznießenden des kommunalen Angebots anerkennen, dass diese Leistungen wie andere auch einer stetigen Teuerung unterlägen, so Seiß.

Die Gemeinde will in diesem Jahr einige größere Projekte und Ausgaben schultern. So fließen 100 000 Euro in erste Schritte zur Realisierung des beschlossenen Freizeitkonzepts, 200 000 Euro sind für die Planungen für das millionenschwere Projekt Umgestaltung des Seegrabens eingestellt, das in den nächsten Jahren realisiert werden soll. Ähnliches gilt für die Umgestaltung des Marktplatzes, für die es eine Bürgerbeteiligung mit vielen Vorschlägen gab. Dort wird es zwar in diesem Jahr noch keine Bauarbeiten geben, sondern es sollen zunächst Architekten im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung Gestaltungspläne vorlegen. Dafür sind 80 000 Euro eingestellt. Mit den beiden Großprojekten Seegraben und Marktplatz sei nicht nur der Gemeindehaushalt in den nächsten Jahren belastet, sondern auch das Gemeindepersonal ausgelastet, hieß es dazu.

Neue Kreditaufnahmen sind zunächst nicht geplant

Größere Beträge sind für die weitere Ortskernsanierung, Straßen und Wege, Arbeiten auf dem Friedhof und das Projekt barrierefreie Bushaltestelle vorgesehen. Nachdem im vergangenen Jahr kein Planer für die raumlufttechnischen Anlagen in der Schule und der Halle gefunden wurde, mit denen die übermäßige Erhitzung in Schach gehalten werden kann, sind jetzt im Haushalt 50 000 Euro für neue, bezahlbare Lösungsansätze vorgesehen, denn inzwischen ist auch die Förderung weggefallen. Ursprünglich waren dafür 1,2 Millionen eingestellt. Weil im vergangenen Jahr geplante Projekte nicht begonnen wurden und es eine Kapitalausschüttung des Zweckverbands Interkom von einer Million Euro gab, hatte Friolzheim Ende 2022 einen Bestand an liquiden Eigenmitteln von gut fünf Millionen Euro. Der Schuldenstand der Gemeinde liegt bei knapp einer Million. Neue Kreditaufnahmen sind zunächst nicht geplant.