Stuttgart ist eine vermögende Stadt. Der Wert von Grundstücken, Gebäuden, Straßen, Kulturgütern, Maschinen und Vorräten beläuft sich auf 4,3 Milliarden Euro. Kurzfristige Anlagen bringen derzeit jedoch kaum Rendite – die LBBW-Anteile aber auch nicht.

Stuttgart - Stuttgart ist zweifellos eine vermögende Stadt. Der Wert von Grundstücken, Gebäuden, Straßen, Kulturgütern, Maschinen und Vorräten beläuft sich auf 4,3 Milliarden Euro. Ähnlich groß ist das Finanzvermögen, das sich in Firmenbeteiligungen spiegelt, in Wertpapieren, Forderungen – und in liquiden Mitteln. „Flüssig“ zu sein ist eine wichtige Voraussetzung, schließlich kann die Kämmerei weder von Turnhallen abbeißen noch Straßen verkaufen oder den Abfallwirtschaftsbetrieb abstoßen, wenn sie am Monatsende Geld braucht, um die Gehälter an Mitarbeiter auszuzahlen, Sozialhilfe oder Zuschüsse an Kita-Träger zu leisten.

 

Am Jahresende 2012 gab es liquide Eigenmittel von 1,186 Milliarden Euro. Eine unglaubliche Stange Geld, die sich unter anderem aus Überweisungen von Bund und Land, Mieten und Bußgeldern, vor allem aber aus Steuereinnahmen speist. An vier Tagen im Jahr erhält die Stadt jeweils rund 140 Millionen Euro Gewerbesteuer. Diese Finanzmittel bleiben allerdings nicht lange auf dem Girokonto – sie werden ausgegeben (siehe oben) oder kurzfristig auf Tages-, Wochen- oder Monatsgeldkonten gebucht. Ein Spaß ist das für die Kämmerei nicht bei Zinssätzen von 0,1 bis 0,5 Prozent. Zuletzt belief sich das Angebot einer Bank sogar auf null Prozent.

Um für die laufenden Kosten stets genug Geld parat zu haben, werden ständig 70 Millionen Euro auf dem Girokonto geparkt. Für den Notfall hat der Gemeinderat auch einen Kassenkredit von 200 Millionen Euro genehmigt. Doch diesen „Dispo“ fasst die Stadt – anders als etwa Städte im Ruhrgebiet, die nur so ihre täglichen Geschäfte bestreiten können – nicht an. Die übrige Liquidität ist entweder in Rücklagen gebunden, etwa die 291,8 Millionen Euro für Stuttgart 21, oder in weniger verbindlichen Rückstellungen (insgesamt 300 Millionen Euro).

FDP-Fraktionschef: Stadt ist viel flüssiger, als Föll behauptet

Weitere 357,6 Millionen Euro sind sogenannte Ermächtigungsübertragungen. Dieser Betrag beschreibt den erfolglosen Versuch, alle beschlossenen und finanzierten Projekte wie etwa Schul- oder Kita-Neubauten wie geplant im abgelaufenen Haushaltsjahr abzurechnen. Das noch nicht ausgegebene Geld muss immer aufs nächste Jahr übertragen werden. Das Rechnungsprüfungsamt hat in seinem Schlussbericht vor wenigen Tagen auf die inakzeptable Höhe hingewiesen. Die Bugwelle, die die Stadt bei Investitionen vor sich herschiebt, ist mittlerweile so groß wie ein ganzes Jahresprogramm.

Bei den Haushaltsberatungen ist beim FDP-Fraktionschef Bernd Klingler die Erkenntnis gereift, die Stadt sei nicht nur sachvermögend, sondern auch viel flüssiger, als der Kämmerer Michael Föll (CDU) immer behaupte. Der Liberale forderte deshalb (erfolglos), die Rückstellung im kommunalen Finanzausgleich von 126,5 Millionen Euro aufzulösen, um in den Etatberatungen noch mehr Investitionsmittel zur Verfügung zu haben. Bürgermeister Föll warf Klingler vor, die Systematik des Finanzausgleichs nicht verstanden zu haben. Mit der     Rückstellung würden Schwankungen im Haushalt ausgeglichen. Die FDP verhalte sich wie ein Autofahrer, der Gas gebe, wenn er auf die Wand zurase.

Beteiligung an der Landesbank (LBBW)

Eine stattliche Einnahmequelle waren einst längerfristige Anlagen in Wertpapieren und die Beteiligung an der Landesbank (LBBW). Im Tochterunternehmen SVV, in dem der Marktbetrieb und die Straßenbahnen AG vereint sind, um Steuern zu sparen, sind fast 700 Millionen aus dem Verkauf der Energieanteile in Fonds angelegt, die vier Prozent Rendite erbringen. Mit den Zinsen wird das Defizit des öffentlichen Nahverkehrs ausgeglichen.

2009 hatte der damalige OB Wolfgang Schuster (CDU) dem Gemeinderat empfohlen, im Vergleich zu heute üppig verzinste Fondsanteile zu verkaufen, um die in Schwierigkeiten steckende Landesbank zu retten. Er versprach üppige Renditen. 947 Millionen Euro flossen entsprechend dem 18,9-Prozent-Anteil der Stadt in die LBBW – das Eigenkapital stieg somit auf 1,3 Milliarden Euro. Darüber hinaus verfügte die Kommune bis 2012 noch über gut verzinste stille Einlagen in Höhe von 698 Millionen Euro, von denen sie aber im vergangenen Jahr 422 Millionen Euro auf einen Schlag in unkündbares Eigenkapital umwandelte. Damit war auch ein Verzicht auf 41 Millionen Euro Zinsnachzahlung verbunden.

Das LBBW-Engagement ist dem kommunalen Ergebnishaushalt nicht gut bekommen: bisher entgingen der Stadt Einnahmen von rund 350 Millionen Euro – so viel Geld, wie die Kommune in einem Jahr investiert. Damit aber nicht genug: den Ansatz von 61 Millionen Euro an LBBW-Erträgen für 2014 hat Föll am Montag deutlich nach unten korrigiert. Er rechnet im besten Fall nur noch mit 39,5 Millionen Euro (siehe nebenstehender Bericht).