Mit dem Frühjahr kommt für viele auch der große Hausputz. Doch Vorsicht! Putzen mit zu viel chemischen Reinigungsmitteln kann auf Dauer ähnlich schädlich für die Lunge sein wie Rauchen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin/Stuttgart - Höchste Zeit für den Frühjahrsputz? Zwei von drei Bundesbürgern machen ihre Wohnung einmal im Jahr besonders gründlich sauber (63 Prozent), wie eine Umfrage des

 

Ob #Frühjahrsputz, #Umzug oder #Weihnachten - Die Deutschen sind ein Volk der #Ausmister: Fast jeder Deutsche gibt an, irgendwann einmal #auszumisten. Das sind Ergebnisse der aktuelle YouGov-Umfrage in Kooperation mit @statista_com . Mehr Infos: https://t.co/U5eGAlJMOG pic.twitter.com/RAJhUnwoSx

— YouGov Deutschland (@YouGov_DE) 28. Januar 2019" target="_blank">Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. Das Großreinemachen findet aber nur bei jedem Fünften klischeegerecht unbedingt im Frühjahr statt (19 Prozent). 44 Prozent putzen zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr gründlich durch. Ganz ohne Grundreinigung der eigenen vier Wände kommen immerhin 32 Prozent aus.

Die Geschlechter-Gerechtigkeit ist beim Thema Putzen bei weitem nicht hergestellt: Auf die Frage: „Wer putzt bei Ihnen zu Hause?“ antworten 84 Prozent der Frauen mit „Ich selbst“, von den Männern sagen das nur 58 Prozent.

Mit ohne Putzhilfe

Eine professionelle Reinigungskraft ist bei sechs Prozent der Befragten im Einsatz. Fast ebenso viele – fünf Prozent – erleichtern sich die Arbeit mit einem Saug-, Wisch- oder Fensterputzroboter.

Riesige Unterschiede gibt es in den Haushalten beim Thema Fensterputzen: Auf die Frage: „Wie häufig wird das größte Fenster Ihrer Wohnung geputzt?“ sagen sieben Prozent „Häufiger als einmal im Monat“. Je ein Drittel putzen viertel- oder halbjährlich (36 Prozent bzw. 34 Prozent). Dass sie den Fensterdreck einmal im Jahr oder seltener bekämpfen, räumen 28 Prozent ein.

Putzen kann so ungesund sein wie regelmäßiges Rauchen

Rauchen ist die häufigste vermeidbare Todesursache in den Industrieländern. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft wird jeder zweite gewohnheitsmäßige Raucher vermutlich an den Folgen des Rauchens sterben. Dass Putzen ähnlich gefährlich für die Gesundheit sein kann, haben Forscher der norwegischen Universität Bergen in einer Studie nachgewiesen. Tägliches Putzen wirkt sich demnach genauso schädlich auf die Lunge aus wie 20 Zigaretten am Tag zu rauchen.

„Menschen, die 20 Jahre lang als Reinigungskräfte gearbeitet oder im Haushalt geputzt haben, haben eine ähnlich stark reduzierte Lungenfunktion, wie Raucher, die täglich 20 Zigaretten konsumierten“, erklärte Øistein Svanes vom Department of Clinical Science der Universität von Bergen.

Für ihre im „Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ veröffentlichte Arbeit untersuchten die Experten die Daten von rund 6200 Teilnehmern einer europaweiten Erhebung zur Atemwegsgesundheit. Mehr als 20 Jahre lang hatten die Probanden, die bei Studienbeginn im Durchschnitt 34 Jahre alt waren, regelmäßig ihre Lungenfunktionen prüfen lassen.

Gefährliche Sprühmittel

Das Ergebnis: Je häufiger die Probanden chemische Reiniger benutzten, desto stärker war ihre Lungenfunktion beeinträchtigt. Vor allem die Lungenwerte von Frauen, die beruflich als Reinigungskräfte arbeiteten, waren genauso schlecht wie die von Rauchern, die täglich eine Packung Zigaretten qualmten. Ihr Risiko an Asthma zu erkranken, war 40 Prozent höher als das der Durchschnittsbürger.

„Wenn man sich vorstellt, kleine Partikel aus Reinigungsmitteln zu inhalieren, die dazu bestimmt sind, den Boden und nicht die Lungen zu reinigen, ist das vielleicht gar nicht so überraschend“, betonte Øistein Svanes. Vor allem chemische Mittel, die versprüht werden, seien gesundheitsschädlich. „Die kleinen Partikel aus den Sprays können nach der Reinigung stundenlang in der Luft bleiben. So können sie tief in die Lunge gelangen, Infektionen verursachen und die Alterung der Lungen beschleunigen.“

Bei Männern stellten die Wissenschaftler keinen signifikanten Unterschied zwischen Profi- und Freizeit-Putzern fest. Der Grund: Unter den Probanden waren zu wenige männliche Reinigungskräfte, um eine hieb- und stichfeste Aussage wissenschaftlich zu belegen.

Unschädliche Produkte verwenden

„Die Kernbotschaft dieser Studie lautet, dass chemische Reinigungsmittel auf lange Sicht sehr wahrscheinlich der Lunge großen Schaden zufügen“, resümierte Øistein Svanes. Der Experte empfiehlt auf Chemikalien beim Putzen so weit wie möglich zu verzichten und stattdessen Mikrofasertücher und Wasser zu verwenden.

Gefährliche Putzmittel: Was Haushaltsreiniger anrichten können

Nach Angaben der EU-Kommission sind rund 60 000 Haushaltsreiniger EU-weit offiziell zugelassen. Putz-, Wasch- und Reinigungsmittel enthalten zahlreiche, zum Teil gesundheitsschädliche Substanzen wie Säuren, Laugen, Alkohole, Aluminium, Bleichmittel, Biozide (Chemikalien zur Bekämpfung von Schädlingen), Chlor, Parfümöle, Farbstoffe oder Lösemittel.

Backofenreiniger können durch das in ihnen enthaltene Ätznatron die Haut massiv schädigen. In vielen WC- und Hygienereinigern befindet sich Chlor sowie Natronlauge, Ameisen-, Salz- oder Phosphorsäure, welche die Atemwege reizen und die Haut verätzen.

Chemische Reinigungsmittel können in geschlossenen Räumen angewendet Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Schwindel und Allergien verursachen. Zudem stehen Spezialreiniger im Verdacht, das Immunsystem zu schwächen und krebserregend zu sein.

Schädliche Chemie-Cocktails

Vor allem durch die Kombination verschiedener Mittel kann ein gefährlicher Chemie-Cocktail entstehen. Das Chlor im WC- und Desinfektions-Reiniger oder Schimmelentferner kann zusammen mit einem säurehaltigen Mittel (etwa Essig-Reiniger) ätzendes Chlorgas bilden. Es hilft auch nichts, die Mittel nacheinander zu verwenden, da kleinste Partikel lange Zeit in der Raumluft erhalten bleiben. Auch Duftstoffe in Parfümen und Raumsprays können mit Putzmitteln reagieren.

Putz-Tipps

Chemische Reinigungsmittel sollten immer nur einzeln verwendet und niemals gemischt werden. Nur so können unerwünschte akute oder langfristige gesundheitliche Nebenwirkungen vermieden werden. Und: Gummihandschuhe sind immer ratsam. Ausgiebiges Lüften nach dem Putzen ist Pflicht.