Die Grünen fordern einen Zuschlag von über einer Million Euro pro Jahr, die Umweltverbände möchten 2,5 Millionen Euro mehr – die Förderung des Radverkehrs ist in der Diskussion. Bis der Stadthaushalt 2018/2019 Mitte Dezember beschlossen wird, muss eine Einigung her.

Stuttgart - Zum Ausbau des Radverkehrs soll in Stuttgart mehr Geld fließen als bisher. In den beiden kommenden Jahren sind jeweils zwei Millionen Euro mehr vorgesehen als in den Jahren 2016 und 2017. Zumindest, wenn es nach der Verwaltungsspitze und den Gemeinderatsbeschlüssen der vergangenen beiden Jahre zur Förderung der nachhaltigen Mobilität geht. Manche Interessengruppen in der Bevölkerung und auch manche Fraktionen halten aber noch mehr zusätzliche Gelder für nötig. Die Aussichten, dass es bei den Mitte Dezember endenden Haushaltsberatungen einen Nachschlag gibt, stehen nicht schlecht.

 

Die Ausgangslage ist kompliziert. Das liegt daran, dass das Geld für den Radverkehr sich in unterschiedlichen Teilhaushalten versteckt: bei den klassischen Ausgaben des laufenden Betriebs und bei den Investitionsmitteln für bauliche Projekte, zudem in Budgets wie dem für das Fahrradleihsystem. Personalkosten für die Planung und die Umsetzung gehen im Posten der allgemeinen Personalausgaben der Stadt unter. Die entscheidende Zahl ist, was für neue Baumaßnahmen, für den Betrieb der Leihfahrräder, für Radwegeplanung und für den Betrieb der Fahrradstationen bereit steht. Das waren in den vergangenen Jahren jeweils 1,11 Millionen Euro, die 2016 und 2017 aber noch um je 1,8 Millionen Euro aufgestockt wurden, damit man sich etwas schneller dem großen Ziel nähert: dass bis zu 20 Prozent aller Fahrstrecken in Stuttgart mit Fahrrädern zurückgelegt werden. Von den 1,8 Millionen Euro dienten 1,5 Millionen zur Eröhung der sogenannten Radverkehrspauschale von 715 000 Euro. Weitere 200 000 Euro pro Jahr wurden eingesetzt, um die Schüler aufs Rad zu bringen und an den Schulen die Voraussetzungen dafür zu verbessern, je 100 000 Euro für bessere Öffentlichkeitsarbeit rund ums Fahrradfahren.

Verwaltung schlägt Ausgaben von 4,9 Millionen Euro vor

Und künftig? In der – wegen der Papierfarbe so benannten – grünen Liste mit Vorschlägen des Oberbürgermeisters sind für 2018 und 2019 je 4,9 Millionen Euro notiert: neben der Pauschale von 1,1 Millionen und der Aufstockung des Etats um 1,8 Millionen Euro noch zwei Millionen Euro, die auf den Aktionsplan Stuttgart nachhaltig mobil zurückgehen. Das ist ein Maßnahmenpaket, das OB Fritz Kuhn (Grüne) und der Gemeinderat geschnürt haben, um den Verkehr umweltfreundlicher zu machen, Fußwege und Radverkehr atttraktiver zu machen, die Menge der Kfz mit Verbrennungsmotoren um 20 Prozent zu verringern – und damit die Luftschadstoffe Feinstaub und Stickoxide zu verringern. Mit den zwei Millionen Euro pro Jahr will die Verwaltung eine Liste genau definierter Radfahrstreifen und Schutzstreifen in etlichen Stadtbezirken in Angriff nehmen, zudem die Weiterführung von Radschnellwegen sicherstellen, die aus Nachbarlandkreisen in Stuttgart ankommen.

Umweltverbände halten mehr Gelder für notwendig

Die Stuttgarter Umweltverbände betrachten dies als erfreulichen Fortschritt. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), der Bund für Umwelt und Naturschutz, Greenpeace Stuttgart, das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart sowie der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Stuttgart schrieben in einer Stellungnahme aber auch, dass sie die Erhöhung von 2,9 auf 4,9 Millionen Euro pro Jahr nicht für ausreichend halten, „um in relativ kurzer Zeit die wichtigsten Hauptradrouten fertigzustellen“, die man für die großen Ziele brauche. Vor allem auch für das Ziel, die Luft zu säubern, ohne dass Fahrverbote notwendig werden. Die Umweltverbände verlangen weitere 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Sie denken dabei an viele Maßnahmen, draunter eine direkte Radwegverbindung stadteinwärts über den Cannstatter Wilhelmsplatz hinweg mit Bevorrechtigung gegenüber dem Autoverkehr und eine Radroute auf der Neuen Weinsteige zwischen Ernst-Sieglin-Platz und Altenbergstaffel. Außerdem fordern sie einen Winterdienst auf Radwegen, damit die Routen ganzjährig benützt werden können.

Bei manchen Fraktionen rennen die Verbände offene Türen ein. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus fordert für 2018 Investitionen ins Radwegenetz in Höhe von sieben Millionen und danach für jeweils 11,5 Millionen. Die Grünen wollen auch mehr, sind aber maßvoller als SÖS/Linke-plus: Sie möchten im Zweijahreszeitraum 2,2 Millionen Euro mehr einsetzen. Andreas Winter, Fraktionschef der Grünen, die bei den Haushaltsberatungen eng mit der CDU kooperieren, ist zuversichtlich, dass es dafür eine Mehrheit geben wird.