Haushaltsdebatte 2024 in Ostfildern Scharfe Kritik an der Kreis-Finanzpolitik

Das Gewerbegebiet Scharnhausen West ist ein zukunftsweisendes Modellprojekt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Davon versprechen sich die Stadträte Einnahmen. Foto: Horst Rudel

Wie ein Damoklesschwert liegt die offene Diskussion um die geplante Erhöhung der Kreisumlage um 8,1 Prozent über den Reden in der Haushaltsdebatte in Ostfildern. Mit einem Minus von 3,5 Millionen Euro ist die Finanzlage angespannt.

Das Damoklesschwert der drastischen Erhöhung der Kreisumlage um 8,1 Prozent beschäftigte die Stadträte Ostfilderns in ihrer Haushaltsdebatte im Stadthaus im Scharnhauser Park. Mit einem Minus von 3,5 Millionen Euro sieht die Perspektive für die Große Kreisstadt alles andere als positiv aus. Und doch bekannten sich die Sprecher aller Fraktionen klar zu den dringenden Sanierungsprojekten wie der Sanierung der Kemnater Pfingstweideschule, die mit 14 Millionen Euro veranschlagt wird.

 

„Unverständlich“ ist der Haushaltsentwurf des Landkreises Esslingen für Petra Hönschel-Gehrung. Die Fraktionschefin der Freien Wähler geht zwar davon aus, „dass die Kreisrätinnen und Kreisräte dieser unverhältnismäßigen Erhöhung nicht zustimmen werden.“ Dennoch übte sie scharfe Kritik an dem Vorstoß: „Der Kreis finanziert sich auf Kosten der Kommunen. Die dürften die hohen Zinsen tragen. „So sieht eine konstruktive Zusammenarbeit nicht aus.“ Die Stadträtin forderte von der Verwaltung, Vorschläge zur Konsolidierung des Haushalts zu erarbeiten. „Unsere Projekte müssen auf den Prüfstand.“ Da werde man auch „unpopuläre Entscheidungen“ treffen müssen.

Schneller zur Klimaneutralität finden

Eine „vorausschauendere Planung“ hätte sich Oliver Werner (Bündnis 90/Grüne) von der Verwaltung gewünscht. Anders als seine Vorrednerin geht der Grünen-Fraktionschef davon aus, „dass die Kreisumlage nach zwei Jahren ohne Anpassung wohl deutlich steigen wird.“ Das hätten die Nachbarkommunen bereits einkalkuliert. Dennoch sieht Werner die Wirtschaft bundesweit im Aufwind. Die Grünen hätten bereits in den vergangenen Jahren angeregt, „dass die Verwaltung der Stadt noch früher klimaneutral werden sollte.“ Dieses Ziel solle bis 2035 erreicht werden und nicht erst 2040. Klimaschutz beginnt für ihn bei der Stadtentwicklung. „Im Zuge der Klimaanpassung sollen die Kaltluftschneisen der Stadt freigehalten werden, damit sich an heißen Sommertagen keine aufgestauten Heißluftpolster bilden.“ Außerdem fordert er „mehr Stadtbegrünung und weniger versiegelte Flächen“.

Für eine „strenge Priorisierung“ der geplanten Bauprojekte setzt sich Uwe Stahlmann ein. Der Fraktionschef der CDU sieht die Notwendigkeit, sich „auf wenige, konkrete Projekte zu konzentrieren.“ Dabei lenkt der Vorsitzende des TSV Scharnhausen den Blick auf die Gesellschaft. „Den Menschen ist der Unterschied zwischen den sogenannten Pflicht- und freiwilligen Aufgaben nicht geläufig.“ Kunst, Kultur und Sport, die zu den freiwilligen Aufgaben der Stadt zählten, bereicherten das Leben. Darin sieht er auch eine Pflicht. Das Gewerbegebiet Scharnhausen West ist für Stahlmann eine Chance, neue Einnahmen zu generieren. Doch da sieht er eine Gefahr: „Die Wettbewerbsfähigkeit dieses zukünftigen Hochtechnologiestandortes sollte unter den aktuellen Bedingungen, mit verstärktem Homeoffice, dem Fachkräftemangel und der Rezession nicht durch zu weitreichende Vorgaben und Regelungen eingeschränkt werden.“

Der Haushaltsplan der Stadt sieht auch für Stefanie Sekler-Dengler „alles andere als vielversprechend“ aus. Die Fraktionschefin der SPD sieht die Ursache dafür in den „stark gestiegene Personalkosten durch die Tarifsteigerungen und Transferaufwendungen von 6,6 Millionen Euro.“ Man sei nun verstärkt auf die Zuwendungen von Bund und Land angewiesen. „Die SPD steht zu den Freiwilligkeitsleistungen im sozialen und kulturellen Bereich und wir sehen diese gerade in der aktuellen Lage als notwendig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt.“ Neben dem Fokus auf der frühkindlichen Bildung und Betreuung ist für die Sozialdemokraten die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein besonderes Anliegen. Da sieht Sekler-Dengler die Stadt noch stärker in der Verantwortung. Ihre Fraktion regt eine Wohnungstauschbörse an: „Junge Familien suchen größere Wohnungen, Senioren wollen sich verkleinern.“ Da müsse man beide Seiten möglichst online zusammenbringen.

Den Haushaltsentwurf als einziger „nicht mittragen“ kann Robert Langer (FDP). Ihm bereitet „die Strategie, Gebühren und Steuern künftig häufiger zu erhöhen und Sanierungen in unserer Stadt zu verschieben, Sorgen.“ Das könne kein langfristig erfolgreicher Weg sein. Es könne auch nicht sein, dass die Stadt das Kindergartenproblem nicht lösen kann. Langer regte an, wie im gymnasialen Schulverbund gemeinsam mit Denkendorf und Neuhausen nach Lösungen zu suchen.

Mobilitätskonzept und Radverkehr

Verkehr im Fokus
 Das Mobilitätskonzept der Stadt Ostfildern sprachen einige der Redner in der Debatte an. „Die Erstellung des Konzepts dauert viel zu lange“, mahnte Oliver Werner (Grüne) an. Immer wieder werde man vertröstet, wenn es um das Papier geht.

Seilbahn
 Eine Seilbahn könnte sich Uwe Stahlmann (CDU) als Alternative zur Stadtbahn von Ostfildern nach Esslingen vorstellen. Petra Hönschel-Gehrung (Freie Wähler) wünscht sich, dass Verkehrsteilnehmer mehr Rücksicht aufeinander nehmen sollen.

Radverkehr
 Die öffentliche Kampagne mit der Plakatierung „Besser gemeinsam unterwegs“ begrüßt die SPD. Stefanie Sekler-Dengler (SPD) beantragt, den „Runden Tisch Radverkehr“ mit der Stadtverwaltung und dem ADFC wieder aufleben zu lassen.

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