Der Stadt Leinfelden-Echterdingen droht eine massive Verschuldung. Nicht alle Fraktionen wollen diesen Weg mitgehen – was bei den Haushaltsreden deutlich wurde. Die Vorschläge, wo sich sparen ließe, unterscheiden sich allerdings.

Weniger Gewerbesteuereinnahmen, kaum Schlüsselzuweisungen und steigende Umlagen bringen Leinfelden-Echterdingen in eine schwierige Situation: Die Liquidität der Stadt wird bald aufgebraucht sein. Für die kommenden zwei Jahre ist dennoch ein Investitionsprogramm von 98,5 Millionen Euro geplant, welches durch Kredite in Höhe von 78,6 Millionen Euro finanziert werden soll. Doch längst nicht alle Fraktionen wollen den Weg in die Verschuldung mitgehen, was bei den Haushaltsreden deutlich wurde.

 

Die Freien Wähler/FDP wollen lieber sparen, statt Schulden zu machen. „Dieser Haushalt liest sich wie ein Schreckensszenario“, sagt der Fraktionschef Eberhard Wächter. „90 Prozent unserer Investitionsvorhaben sind nur noch kreditfinanziert zu bewältigen.“ Die Verwaltung solle zunächst sauber darlegen, wofür sie Kredite aufnehmen will. Die Kommunalpolitiker haben Punkte aufgelistet, wie die Stadt sparen könnte: Frei werdende Stellen sollen erst einmal nicht mehr besetzt werden, das Team der Integrationsmanager solle deutlich kleiner und die Sanierung der Musberger Ortsmitte geschoben werden. Ferner könnten Bürgerinnen und Bürger via Patenschaften die Pflege der Grünflächen übernehmen. Das IBA-27-Bauprojekt Kaepsele solle gestoppt werden, die Stadt nicht in den sozialen Wohnungsbau einsteigen und die Filderhalle nicht sanieren. Zudem sollen die Stadtwerke aus dem Strom- und Gasvertrieb aussteigen. Nicht zuletzt schlagen die Gemeinderäte vor, für die U-5-Verlängerung nach Echterdingen die S-Bahn-Unterführung zu nutzen und so auch hier zu sparen.

Die CDU-Fraktion hält Einsparungen ebenfalls für unumgänglich. Die Stadt solle kein Gebäude mehr kaufen, das sie nicht binnen eines Jahres auch nutzt. „Nun ist Schluss mit Perspektivankäufen“, sagt die Fraktionschefin Ilona Koch. Angesichts der Haushaltslage fordern die Christdemokraten die Verwaltung auf, den Wohnungsankauf in den Goldäckern derzeit zu unterlassen, denn auch damit sei nicht gewährleistet, dass die Komplettfinanzierung des Projektes Kaepsele gelinge. Außerdem sollen die Sanierungsgebiete kleiner werden. Einsparungspotenzial sehen sie auch bei der Unterbringung von Geflüchteten. Nicht sparen will die CDU derweil bei der Wirtschaftsförderung, dem Ehrenamt, dem Sport und der Kultur: Der Hallenneubau des TSV Leinfelden müsse Priorität haben, den städtischen Kunstpreis solle es weiter geben und das Spielkartenmuseum künftig im Ortszentrum erlebt werden können. Für die CDU gehört zur Verlängerung der U 5 nach Echterdingen der Bau einer Entlastungsstraße. Dafür müssten jetzt Haushaltsmittel bereitgestellt werden.

Themen rund um die Verlängerung der U 5 spielen für mehrere Gemeinderäte eine Rolle. Foto: Ines Rudel

Die Grünen-Fraktion hat beantragt, auf eine Erschließung des Gebietes Rötlesäcker zunächst zu verzichten. So will sie eine Verschuldung vermeiden oder aufschieben. Ferner soll das Echterdinger Renault-Gelände an Unternehmen verkauft werden, die erweitern möchten. Die Planungskosten für weitere Abschnitte der Nord-Süd-Straße wollen die Grünen aus dem Etat streichen. Für das Gründerzentrum und den zentralen Verwaltungsstandort solle es keine Neubauten geben, vielmehr könnten „leer stehende Bürogebäude mit Leben gefüllt werden“, sagt der Fraktionschef David Armbruster. Die Grünen können sich städtische Wohnungen im Gebiet Kaepsele vorstellen, die städtischen Mitarbeitenden angeboten werden. Sie wünschen sich ein gutes Carsharing-Angebot, hoffen auf ein Stadtentwicklungskonzept, das dem Klimawandel Rechnung trägt und beantragen eine Kita pro Stadtteil, die Früh- und Spätdienste anbietet. Sie sagen Ja zu einer Konzeption für die Museen. Bei der U-5-Verlängerung wollen sie die Linie unter der S-Bahn-Strecke hindurchfahren lassen.

Die Sozialdemokraten setzen auf Zuversicht, Zusammenhalt und Perspektiven, um die Krise zu bewältigen. „Es gilt unter den neuen finanziellen Rahmenbedingungen mutig, beherzt und gemeinsam die nächsten Jahre zu gestalten“, sagt der Fraktionschef Erich Klauser. In die Kinderbetreuung und die Bildung solle weiter investiert werden, diese sei für Familien existenziell wichtig, genauso wie bezahlbare Wohnungen. „Die Sanierung und Erweiterung nahezu aller Schulen der Stadt erlaubt keine Verzögerung.“ Diese Investitionen würden auch eine Schuldenaufnahme rechtfertigen. Sie müssten schnell umgesetzt werden, zumal ein späteres Bauen die Projekte nicht billiger, sondern teurer machen würde. Trotz schwieriger Haushaltslage sprechen sich die Sozialdemokraten gegen höhere Kitagebühren aus. „Viele Familien leiden gerade auch wegen hoher Mieten und Energiekosten unter finanziellen Schwierigkeiten.“ Der Weiterverkauf nicht genutzter städtischer Gebäude indes täte dem finanziellen Spielraum gut.

Stadtpass muss angepasst werden

Die L. E. Bürger/DiB wollen sich nachvollziehbaren Erhöhungen von Steuern und Abgaben nicht verschließen – dabei aber niemanden über Gebühr belasten, wie der Fraktionschef Jürgen Kemmner betont. Bei der Erhöhung von Kitagebühren wollen sie zurückhaltend bleiben, wobei man auch die Notwendigkeit sehe, Eltern an den ausufernden Kosten zu beteiligen. Finanziell Schwachen helfe hier der Stadtpass, der angepasst werden müsse. Die Fraktionsgemeinschaft findet es richtig, dass die Stadt im Gebiet Kaepsele Wohnungen kauft, um dort bezahlbare Mieten zu bieten. In Sachen Wohnungsbau bringt sie den Stellplatzschlüssel 0,7 ins Spiel und wünscht sich gleichzeitig ein attraktives Nahverkehrs- und Carsharing-Angebot. Sie drängt auf einen Umzug der Verwaltung in ein zentrales Gebäude. Die L.E. Bürger/DiB können sich eine autofreie Zone in Echterdingen vorstellen. Sie fordern eine Sondersitzung zu der Frage, ob es eine durchgängige Nord-Süd-Straße geben soll.